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Band 4 Heft 1/2
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80 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten

Mit der vorliegenden Arbeit sollen Voraussetzungen für Artenschutzprogramme für die Adlerarten in Brandenburg geschaffen werden.

Neben den genannten Gesetzeswerken gilt die EG-Vogelschutzrichtlinie in der geänderten Fassung von 1991(91/244/EWG ). Sie enthält Verbote der Naturentnahme, Störung und Haltung. Für die im Anhang I genannten Arten, zu denen nunmehr alle Adlerarten in Deutschland zählen, sind besondere Schutzmaßahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden und insbesondere die für die Erhaltung der Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären. Bei den auf der Grundlage der Vogelschutzrichtlinie zu erbringenden Vorschlägen("Important Bird Areas", IBA) zählten in Brandenburg teilweise auch Adlervorkommen zu den Schutzgütern. Die Notifizierung der IBA als EU-Vogelschutzgebiet (SPA="Special Protection Area") ist bisher erst teilweise erfolgt. Bei zahlreichen weiteren Naturschutzgebieten ohne internationalen Rang war die Anwesenheit von Adlerbrutpaaren bedeutsam für die Unterschutzstellung. Dies betrifft sowohl ältere als auch neu ausgewiesene NSG.

2.2. Jagdrecht

Ein grundsätzlicher und international wohl einmaliger Widerspruch besteht darin, daß in Deutschland Greifvögel sowohl dem Jagdrecht als auch dem Naturschutzrecht unterliegen. Sie werden im Bundesjagdgesetz(BJagdG) unter Accipitridae und Falconidae(nicht jedoch Pandionidae!) als jagdbare Arten geführt, haben jedoch ganzjährige Schonzeit. Ein eingefügter $ 19 a ist direkt an$ 20 f(1) BNatSchG angelehnt, bezieht sich jedoch nicht auf"wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten" sondern auf"Wild ", mithin auch auf Greifvögel im Sinne des BJagdG.$ 19 a verbietet es, Wild unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen, Fotografieren, Filmen oder ähnliche Handlungen zu stören. Nach dem Kommentar von FITZNER et al.(1995) gilt dieses Verbot der"unbefugten" Störung auch für den Jagdausübungsberechtigten. Durch den Zusatz"Nicht erfaßt ist jedoch die unvermeidbare Störung durch eine ordnungsgemäße(...) Jagdausübung" bleibt es jedoch nicht nur im Gesetz, sondern auch im Kommentar unklar, inwiefern von jagdlicher Seite die Jagdausübung als befugte Störung angesehen wird. Diese in der Praxis bisweilen auftauchende Argumentation kann jedoch(zumindest für die dem Gesetz nach vom Aussterben bedrohten Arten) unter Bezug auf$ 20 f BNatSchG entkräftet werden.

Zusätzlich ist das jagdliche Aneignungsrecht nach$ 1 BJagdG von Bedeutung, bei dessen kompromißloser Durchsetzung der Jagdausübungsberechtigte die wissenschaftliche Untersuchung tot oder lebend im Jagdgebiet gefundener See- und Schreiadler vereiteln und somit die Gewinnung wesentlicher schutzrelevanter Informationen blockieren kann. Das Aneignungsrecht gilt nicht in befriedeten, Bezirken.

Inwiefern sich die aktuelle Änderung des$ 38 BJagdG auswirkt, wird sich zeigen: danach sind Schonzeitvergehen(demnach auch Nachstellung an Greifvögeln) künftig keine Straftat mehr, sondern nur noch Ordnungswidrigkeiten. Es gibt Mitteilungen aus Jägerkreisen, daß Greifvogelabschüsse(zumindest regional) schon vorher als Kavaliersdelikt galten. Hinweise darauf sind auch gefundene Projektile in Greifvögeln, wobei allerdings nachträglich nicht zu klären war, ob ein Schonzeitvergehen durch einen Jagdausübungsberechtigten oder Jagdwilderei durch Nichtjagdberechtigte vorlag. Doch auch bei toten Greifvögeln, die durch Jagdausübungsberechtigte zum Präparator gebracht wurden, fanden sich mehrfach Beweise für menschliche Nachstellung als Todesursache. Da diese im Rahmen des jagdlichen