98 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
Beitrag, zumindest Verluste bei Großvogelarten wie dem Seeadler schon jetzt möglichst vollständig zu erfassen und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen, kann mit Unterstützung der Deutschen Bahn AG geleistet werden, indem die Zugführer angewiesen werden, bei Kollisionen sofort Meldung zu erstatten. Zu klären ist eine entsprechende Schulung der Zugführer sowie der Informationsweg zu den nach Landesrecht zuständigen Stellen der Bundesländer.
Verluste durch Nahrungsmangel spielen in Mitteleuropa nur eine untergeordnete Rolle. Dies zeigen die Obduktionsergebnisse bei verendeten Seeadlern. Die Bereitstellung zusätzlicher Nahrung kann somit in Brandenburg im allgemeinen unterbleiben. Dies wird auch durch HELANDER(1990) so eingeschätzt, allerdings mit der Einschränkung, daß Luderplätze dort sinnvoll wären, wo planmäßige Ringablesungen angestrebt werden. Ausnahmen sollten nur in besonders strengen Wintern erfolgen, insbesondere um den noch unerfahrenen Jungvögeln das Überleben zu erleichtern. Die Fütterung in solchen Wintern hat möglicherweise auch zu dem positiven Bestandstrend beigetragen. In diesen Situationen ist aber unbedingt zu beachten, daß nur Kadaver ausgelegt werden, die nicht infektionsverdächtig oder anderweitig kontaminiert sind(vgl. BAUMGART 1973). Ebenso ist grundsätzlich davon abzugehen, Reste geschossener Tiere an Luderplätzen anzubieten, da hier die Hauptquelle hoher Bleiwerte in den Adlern zu vermuten ist. Das Risiko besteht bei jeglichem Verbringen von Aufbruch mit Geschoßresten in die Landschaft. Selbst versteckte Reste werden durch Kolkraben aufgespürt und dem Seeadler angezeigt. Hier ist entsprechende Öffentlichkeitsarbeit bei der Jägerschaft zu leisten, um Bleivergiftung als mögliche Verlustursache künftig auszuschließen. Die schon oft erhobene Forderung, auf Blei als Bestandteil von Jagdmunition zu verzichten, muß auch aus der Sicht des Seeadlerschutzes betont werden.
3.4.4. Forschung
Forschungsarbeiten im Seeadlerschutz haben grundsätzlich planmäßig, mit langfristigem Ansatz und schutzorientiert zu erfolgen. Aus der aktuellen Situation heraus(vor allem zunehmende Erschließung der Landschaft und Förderung des Fremdenverkehrs) sollten forschungsseitig störungsbiologische Probleme im Mittelpunkt stehen. Was bei Wasservögeln vielfach untersucht wurde, ist methodisch bei Greifvogelarten wesentlich schwieriger. Hier dürfte das zentral koordinierte Monitoring(s. 3.4.5.) der am meisten erfolgversprechende Ansatz sein, indem die Reproduktionsdaten als Indikator für Störungen fungieren.
Als wesentliche Grundlage für die Beantwortung zahlreicher biologischer und ökologischer Fragen hat sich in der Ornithologie immer wieder die Individualmarkierung erwiesen. Es ist anzustreben, in Brandenburg dem internationalen Beispiel zu folgen und mit der systematischen Beringungsarbeit am Seeadler zu beginnen. Hierzu zählt sowohl die Markierung mit Ringen der Vogelwarte Hiddensee als auch die Beringung entsprechend dem seit 1976 laufenden internationalen Farbberingungsprogramm. Die Voraussetzungen zur Beteiligung Brandenburgs sind überaus günstig: das Programm ruht auf einer tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage, theoretische und praktische Erfahrungen liegen seit zwanzig Jahren vor und interessierte und erfahrene Mitarbeiter stehen bereit. Die Beteiligung brandenburgischer Beringer hätte daneben den Effekt, daß auch die Motivation zur Ablesung von Farbringen in der Region gefördert würde. Auch hier besteht Handlungsbedarf(KÖPPEN 1996). Durch KÖPPEN(1996) wird weiterhin betont, daß es bei der Beteiligung Brandenburgs nicht nur um die Schließung einer regionalen Lücke geht, sondern um die Bearbeitung spezifisch ostdeutscher Fragestellungen: