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Band 4 Heft 1/2
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OTIS 4(1996) 1/2: 78-143 97

gefragt, wie beim Landschaftsprogramm des Landes, denLandschaftsrahmenplänen der Kreise, Landschaftsplänen der Gemeinden, Forstplanung, Verkehrsplanung, bei raumordnerischen Genehmigungsverfahren usw. Im Entwurf des Landschaftsprogrammes(ANONYM ohne Jahresangabe) sind entsprechende Forderungen genannt, so daß der gesteckte Rahmen gute Voraussetzungen bietet.

Der Lebensraumschutz beinhaltet nicht nur die Bewahrung bzw. Gestaltung von Habitaten, sondern auch die gezielte Fernhaltung vermeidbarer Störungen in Seeadlerlebensräumen. Vermeidbar besagt, daß nicht die Gesamtheit menschlicher Aktivitäten auf den Schutz des Seeadlers orientiert sein muß; anzustreben ist jedoch, vor allem bei den infrage kommenden Akteuren das Problembewußtsein in diese Richtung zu schärfen, kurzsichtiges und egoistisches Handeln zu reduzieren und Akzeptanz für die Belange des Artenschutzes zu erzielen.

3.4.3. Reduktion von Verlustursachen

Ansatzpunkt sind vor allem die anthropogen verursachten Risiken. Wenngleich die direkte Nachstellung durch den Menschen heute in Deutschland keine große Bedeutung mehr hat, ist hier weiter Wachsamkeit erforderlich. Beim Verdacht der Nachstellung ebenso ‚wie der Horstplünderung sollten alle kriminalistischen und juristischen Mittel ausgeschöpft werden. Dies gilt gleichfalls für versehentlichen Fang von geschützten Tieren in widerrechtlich aufgestellten Fallen. Einstellung von Verfahren wegen Geringfügigkeit waren früher die Regel. Daß der juristische Artenschutz inzwischen anerkannt einen höheren Stellenwert hat, zeigen auch in Brandenburg gefällte Urteile in Fällen widerrechtlicher Nachstellung gegenüber geschützten Tierarten.

An erster Stelle menschlich verursachter Seeadlerverluste stehen gegenwärtig die Mittelspannungsfreileitungen. Durch Kooperation mit den Energieversorgungs-Unternehmen sind hier mittelfristig Lösungen anzustreben, wie dies schon jetzt in ausgewählten Gefährdungsgebieten auf der Grundlage der DIN VDE 0210(VDEW 1991) erfolgt. Hierzu zählen die Vermeidung des Einsatzes von Masten mit Stützisolatoren bzw. deren Umbau, die Sicherung von Isolatoren mit Abdeckhauben(Abb. 7 im Fototeil) oder Sitzsperren, der Verlängerung von Isolatorketten, der Umbau besonderer Gefahrenmasten sowie die optische Hervorhebung von Leitungen. Letzteres dient der Vermeidung von Anflug und kommt auch anderen Großvogelarten entgegen, bei denen diese Gefahr eine Rolle spielt, z. B. dem Kranich (vgl. LANGGEMACH& BÖHMER i.Dr.). Umfangreiche praktische Erfahrungen liegen aus anderen Bundesländern vor und sind nutzbar(DEUTSCHER BUND FÜR VOGELSCHUTZ 1980, HAMMER 1992, HAAS 1995); auch innerhalb des Landes Brandenburg kann auf langjährige Erfahrungen zurückgegriffen werden(z.B. ESSAG im Süden Brandenburgs ). Innerhalb interessierter Kreise(Ornithologen, Naturwacht usw.) sollten theoretische Grundlagen dergestalt erbracht werden, daß systematische Kontrollen von Streckenabschnitten oder gefährlichen Masten erfolgen, um Risiken aufzuspüren.

Schwer zu beherrschen sind Verluste an Verkehrswegen, vor allem an Bahnstrecken. Sie stellen zwar seit Jahrzehnten nur einen geringen Prozentsatz der Seeadlerverluste dar, werden jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit in ihrer Häufigkeit unterschätzt. Um hier nach Lösungen zu suchen, ist eine gezielte Bearbeitung des Themas"Vogelverluste und Vogelschutz an Bahnstrecken" erforderlich, damit Grundlageninformationen gewonnen werden können. Ein