96 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
Sackgasse enden kann, wenn z. B. der einzig mögliche Brutbaum einem Sturm zum Opfer fällt oder der Brutwaldbestand in das Klimaxstadium mit nachfolgendem Zusammenbruch übergeht. Schon das Freistellen des Brutbaumes durch Verlust benachbarter Bäume kann die Aufgabe des Horstplatzes zur Folge haben. Wenn in dieser Situation keine Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind, d.h. langfristig entwickelte Altbestände, die das plötzlich"obdachlose" Brutpaar auffangen können, kommt es zur Aufgabe des Brutrevieres.
Dies alles zeigt, daß Schutzmaßnahmen schon bei der forstlichen Planung beginnen und sich bis zu vielfältigen praktischen Aktivitäten fortsetzen müssen. Eingeschlossen ist die Koordination jagdlicher Belange durch den Förster. Das seit Jahrzehnten praktizierte Horstplatzmanagement in einem 9500 ha großen Gebiet im Nordosten Brandenburgs zeigt, daß effektive Schutzmaßnahmen durch den Förster auch unter den Bedingungen einer hohen Siedlungsdichte von Großvogelarten möglich sind(FREYMANN 1995). Auch in anderen Gebieten Brandenburgs setzt die Forstwirtschaft richtungsweisende Zeichen.
Eine für Brandenburg relativ neue Situation ist die zunehmende Privatisierung der Wälder. Darauf hat sich auch der Seeadlerschutz einzustellen. Die Waldbesitzer sind in die Schutzmaßnahmen einzubeziehen, wie es in Schleswig-Holstein erfolgreich praktiziert wird. Dabei sind auch die neuen jagdlichen Strukturen zu berücksichtigen, die direkt oder indirekt an das Eigentum an Boden gebunden sind und zu völlig veränderten Rahmenbedingungen führen. Hier ist Kleinarbeit in jedem Adlerrevier zu leisten, es sind aber auch grundsätzliche Absprachen mit dem Verband der Waldbesitzer und dem Landesjagdverband notwendig. Dabei gilt es, an die bewährten Mechanismen und Methoden des Horstschutzes anzuknüpfen.
Neben der Sicherung vorhandener Horste wurden teilweise über das Anbringen von Kunsthorsten Erfolge erzielt(z.B. HAASE 1986, vgl. auch STIERNBERG& KOIVUSAARI 1995). Dies bietet sich dort an, wo nur pessimale Brutplätze zur Verfügung stehen, wo es regelmäßig zu Horstabstürzen kommt, wo aufgrund nicht beherrschbarer Störungen Ersatzangebote in geeigneteren Bereichen des Bestandes notwendig sind oder wo sich Ansiedlungen anbahnen und gefördert werden sollen. Die Warnung von HELANDER(1990), dies keinesfalls zur alleinigen Schutzstrategie zu machen, muß jedoch bekräftigt werden, da auf diese Weise von der tatsächlichen Situation(Fehlen geeigneter Brutbäume bzw. Habitate) abgelenkt wird.
7A 3.4.2. Lebensraumschutz
Über den traditionellen Horstschutz hinaus erlangt der Lebensraumschutz eine zunehmende Bedeutung. Die Bedrohung von Nahrungs- und Ruhegebieten ist heute größer als in der Vergangenheit und wird weiter wachsen. Um langfristig stabile Bestände des Seeadlers ebenso wie anderer Großvogelarten zu erhalten, ist die Bewahrung unzerschnittener Lebensräume unverzichtbar. Dies darf sich nicht auf die Großschutzgebiete beschränken! In den Großschutzgebieten kann jedoch Pionierarbeit geleistet werden, indem Wege aufgezeigt werden, die das nachhaltige Miteinander von Menschen und Vogelarten mit großen Raumansprüchen sichern. Eine besondere Bedeutung und Verantwortung kommt dabei der Raumplanung zu, da sie Weichen stellt, die zumeist nicht mehr rückgängig zu machen sind. Hier sind die fachlichen Anforderungen zum Seeadlerschutz bei allen raumbedeutsamen Planungen und Entscheidungen