100 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
Arbeitskreis für den Schutz vom Aussterben bedrohter Tiere geschaffen und im Laufe der folgenden Jahrzehnte ausgebaut. An diese durch SCHIEMENZ begründete Tradition wurde sofort nach der Gründung des Landesumweltamtes angeknüpft, und es gilt nun, die Arbeit auf einem hohen Niveau fortzusetzen. Der fachliche Austausch und die Kooperation über Ländergrenzen hinweg muß dabei unbedingt beibehalten werden.
4. Situation und Schutz des Schreiadlers(Aquila p. pomarina) 4.1. Verbreitung, Bestand und Reproduktion
Von den vier regelmäßig in Deutschland brütenden Adlerarten hat der Schreiadler das kleinste Verbreitungsgebiet. Es umfaßt den östlichen Teil Europas und reicht im Südosten bis in die Türkei und zum Kaukasus. Die östliche Verbreitungsgrenze ist nicht genau bekannt, da es ein großes Gebiet gibt, in dem sich das Areal des Schreiadlers und des sich östlich anschließenden Schelladlers Aquila clanga überlappen. Status und Verbreitungsgrenzen der beiden Arten, die sich im Feld schwer unterscheiden lassen, sind nicht vollständig geklärt. Neben der Nominatform gibt es eine zweite Rasse A. p. hastata des Schreiadlers, deren Verbreitung auf den indischen Raum beschränkt ist(MEYBURG in DEL HOYO et al. 1994, SCHELLER& MEYBURG 1995).
Betrachtungen zur Situation des Schreiadlers müssen berücksichtigen, daß er ein ausgesprochener Zugvogel ist, der in den Savannen des südlichen Afrikas überwintert. Die mitteleuropäischen Schreiadler ziehen zum größten Teil in Richtung Südosten über den Balkan und den Bosporus und gelangen über die Landenge von Suez nach Afrika . Einzelne Vögel ziehen auch über das östliche Mittelmeer (MEYBURG et al. 1993, 1995, DANKO et al. 1996). Der weitere Zug bis in den Süden des afrikanischen Kontinents scheint entlang recht schmaler Schneisen zu erfolgen(MEYBURG et al. 1995). Immature Schreiadler halten sich bis zum Eintritt der Brutreife offenbar überwiegend im Überwinterungsgebiet auf. Der Wegzug brandenburgischer Schreiadler nach erfolgreicher Brut erfolgt etwa Mitte September. Erfolglose Brutvögel verlassen im allgemeinen schon früher das Brutgebiet. Dort treffen die Schreiadler gewöhnlich um den 10. April wieder ein(WENDLAND 1959, MEYBURG 1991).
Der europäische Gesamtbestand des Schreiadlers(inkl. Georgien ) wird von MEBS(1994) auf 6400 Brutfpaare geschätzt, wobei aber keine Zahlen für das Gebiet Rußlands enthalten sind. Für die dortigen Bestände fehlen konkrete Zahlen. Die in Israel ermittelten Durchzugszahlen sprechen für einen Bestand in Osteuropa , der deutlich über den von MEBS(1994) genannten Zahlen liegt(MEYBURG 1991). Die Ursachen dieser Differenz- große unerforschte Gebiete und großräumige Unterschätzung des Bestandes- stellt MEYBURG(1996) dar.
In Polen leben etwa 1200 Paare(RODZIEWICZ 1996), somit etwa zehn mal so viel wie in Deutschland . Innerhalb Deutschlands ist nur noch der Nordosten besiedelt, wobei die meisten Paare in Mecklenburg-Vorpommern nisten(etwa 95 BP), gefolgt von Brandenburg (ca. 30 BP). Ein isoliertes Brutvorkommen von 3-4 Paaren gibt es in Sachsen-Anhalt . Weitere Vorkommen in diesem Land, die teils über Jahre aktiv waren, sind beschrieben(ROCHLITZER 1969, STUBBE& MATTHES 1981, ZUPPKE 1987). Abgesehen von den anhaltinischen Vorposten bilden die mecklenburgischen und brandenburgischen Schreiadlerbestände gegenwärtig die Westgrenze des Gesamtverbreitungsgebietes.
Diese heutige Verbreitung ist wie bei anderen Großvögeln das Resultat über Generationen