OTIS 4(1996) 1/2: 78-143
keine Rolle. Über den Einfluß des Seeadlers, der regional hohe Bestandsdichten erreicht hat und als heftig attackierter Störfaktor für den Schreiadler bekannt ist, kann nur spekuliert werden. Rückblickend gibt es keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden des Schreiadlers aus bestimmten Gebieten und der Zunahme des Seeadlers, da letztere deutlich später einsetzte. Ob gegenwärtig die Präsenz des Seeadlers einer Wiederbesiedlung einzelner Gebiete durch den Schreiadler im Weg steht, kann nicht beurteilt werden.
Intraspezifische Konkurrenz hat auf den Brutverlauf beim Schreiadler keinen Einfluß. Die bekannt gewordenen Horstabstände und Siedlungsdichten(u.a. WENDLAND 1934, 1959) zeigen eher, daß günstige Reviere zur Konzentration von Brutpaaren führen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen geringer Siedlungsdichten ist eine gegenseitige negative Beeinflussung der Paare nicht anzunehmen.
4.3.3. Direktverluste
Bis in die sechziger Jahre spielte Abschuß beim Schreiadler eine bedeutende Rolle im Mortalitätsgeschehen in Mitteleuropa . Heute ist diese Gefahr besonders auf dem Zugweg von Bedeutung. Massiver Abschuß, insbesondere im Libanon und in Syrien stellt vielleicht die größte Gefahr überhaupt dar(SLADEK 1955, BAUMGART 1991, DANKO et al. 1996). Dies wird durch Ergebnisse der Satellitentelemetrie bestätigt(MEYBURG et al. 1995). Im Gegensatz zum Fischadler, der in breiter Front das Mittelmeer überfliegt, ist der Schreiadler an den "bottlenecks" der Zugwege in besonderem Maße menschlicher Nachstellung ausgesetzt. Ganz offensichtlich gehen auf diese Weise bedeutende Potentiale für die Bestandsstabilisierung oder gar für die Wiederausbreitung verloren.
Hinweise auf menschliche Nachstellung im brandenburgischen Brutgebiet sind glücklicherweise selten geworden. Der Verdacht des Gelegeraubes konnte in mehreren Fällen entkräftet werden. In der jüngeren Vergangenheit gab es allerdings einzelne solcher Vorfälle in MecklenburgVorpommern(ANONYM 1991).
Über direkte Verluste anderer Ursache ist weniger bekannt als bei den anderen Adlerarten. Da Schreiadler in Ostdeutschland in der Vergangenheit nicht systematisch beringt wurden(13 Beringungen bis 1987, 1988 bis 1995 allerdings 92), gibt es auch kaum Rückmeldungen. Der Vogelwarte Hiddensee liegen nur fünf Wiederfunde beringter Vögel vor, von denen drei als Nestlinge der Prädation anheim fielen(Hakel, Sachsen-Anhalt ) und ein weiterer diesjähriger (Kreis Teterow, Mecklenburg- Vorpommern ) im Libanon auf dem Zug geschossen wurde. Über den fünften ebenfalls diesjährigen Vogel(wiederum Kreis Teterow), der offenbar auf dem Herbstzug in eine"Sackgasse" geraten war und schließlich im Raum der Peloponnes (Griechenland ) entweder abgeschossen wurde oder im Meer ertrunken ist, berichteten MEYBURG et al.(1993). Darüberhinaus sind in Brandenburg als Ursachen direkter Individuenverluste bekannt geworden:
® Prädation von Nestlingen durch Habicht und Marder(u.a. LIBBERT 1955),
x 1 x Verletzung unbekannter Genese,
- 1 x Infektion,
7 1 x Straßenverkehr(KRAMER, mdl.).
Verluste durch Stromschlag sind beim Schreiadler in der Mark bisher nicht festgestellt worden (Leitungen werden im allgemeinen sowohl im Flug als auch als Sitzwarte gemieden). Ebenso