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Band 4 Heft 1/2
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108_ LANGGEMACKH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten

Auf dem gesellig stattfindenden Zug sind Trittsteine als Nahrungs- und Rastgebiete von großer Bedeutung. Das fast vollständige Unwissen über diese Phasen des Schreiadlerlebens ist für ein Schutzprogramm als Manko anzusehen. Erste detaillierte Ergebnisse, die auf dem Weg der Satellitentelemetrie gewonnen wurden, liegen vor und werden in ihrer Fortsetzung zu wichtigen Erkenntnissen und Schlußfolgerungen führen(MEYBURG et al. 1995). So lange sollte allerdings nicht gewartet werden, die im Brutgebiet möglichen Schutzmaßnahmen anzupacken.

4.3.2. Störung des Brutgeschehens

Das Spektrum der Beunruhigungen am Brutplatz ist im wesentlichen das gleiche wie bei Fisch­und Seeadler und umfaßt vor allem jagdliche, forstliche, touristische, wissenschaftliche und planerische Aktivitäten. Nach DITTBERNER(1996) wirken sich gegenwärtig in der Uckermark die zunehmenden Störungen in den Brutrevieren negativ auf die Bestandsentwicklung aus. Aktuelle Untersuchungen zeigten, daß unter den verschiedensten anthropogenen Störungen das Eindringen von Menschen in das unmittelbare Brutgebiet(Radius von ca. 500 Metern!) am gravierendsten war. Ebenso heftig wurde auf überfliegende Düsenjäger reagiert(SCHELLER& BERGMANIS 1996). Noch auffälliger als bei den anderen Adlerarten sind Konflikte mit der Jagd. Bei zahlreichen bekannten Brutpaaren befinden sich jagdliche Einrichtungen in unmittelbarer Horstnähe, so auch transportable Kanzeln, die regelmäßig ihren Standort wechseln. Ihre Zahl nimmt in verschiedenen Revieren ständig zu. Ebenso wurden"Kirrungen" in Horstnähe bekannt, die in ihrer Dimension eher der Intensivmast von Wildschweinen dienen. Besonders problematisch ist die gemeinsame Bindung von Schreiadler und Jagdausübungsberechtigten an Grenzlinien. Dort, wo der Schreiadler aus dem Brut- in das

Nahrungsrevier fliegt, wo sich die für Ruhe und Nahrungserwerb wichtigen Sitzwarten befinden, gibt es auch die meisten Jagdkanzeln. Wenngleich diese von den Adlern direkt als Warte genutzt werden, spricht dies eher für die große Konkurrenz, die hier herrscht, als für eine Begünstigung des Adlers. Die weiter zunehmende Anlage von Kanzeln und Ansitzen in der Landschaft scheint ein Wesensmerkmal jagdlicher Neuorientierung zu sein. Der Widerspruch zwischen dem Wunsch nach Geheimhaltung der Brutpaare und der Einbeziehung der Jäger ist angesichts personenstarker Hegeringe und regen Gastjägerverkehrs oft kaum lösbar.

Beim Verlust von Gelegen oder Jungvögeln durch tierische Feinde wirken Störungen, die zur Abwesenheit der Altvögel führen, zumindest begünstigend. Über Gelegeverluste ist fast nichts bekannt, da in Brandenburg keine Schreiadler beringt werden und daher auch keine Brutbäume erklettert werden. Die Kontrolle der Horstmulde(anderer Greifvogelarten) ergibt in vielen Fällen Hinweise auf die Ursachen des Brutverlustes. Bei der Ermittlung des Bruterfolges vom Boden wird lediglich der verlassene Horst vorgefunden, wobei bestenfalls vorhandener oder fehlender Horstschmuck auf den Zeitpunkt des Geschehens hindeutet. In mindestens zwei Fällen wurde bei der nachträglichen Kontrolle des verlassenen Schreiadlerhorstes Überbrütung des Geleges ohne bekannte Ursache festgestellt.

Unter den von STUBBE et al.(1991) für den Hakel(Sachsen-Anhalt ) genannten Ursachen für Brutverluste finden sich 1 x Orkan, 3 x Baummarder, 1 x Habicht oder Uhu und 3 x Mensch; zweimal wurde unbefruchtetes Gelege bzw. abgestorbener Embryo als Verlustursache angegeben. Der Uhu, der z. B. in Ostpolen für den Schreiadler einen Prädator darstellt, welcher weitgehend unabhängig von vorausgegangenen Störungen wirkt, spielt bisher in Brandenburg