114 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
(zeitweilige oder ständige Sperrung von Gebieten, Rückbau von Wegen). Bei bewußten Störungen am Horst oder gar Entnahme von Gelege oder Jungvogel werden alle Maßnahmen ergriffen, die zur Überführung des Täters führen. Wichtig erscheint, darauf hinzuweisen, daß Adlereier lange nicht die Summen erbringen, die oft von besorgten Ornithologen genannt und von der Presse gern fettgedruckt wiedergegeben werden. Diese Art der Darstellung ist geeignet, Bedarf zu wecken, wo es weder Bedarf noch die geringsten Gewinnaussichten gibt.
4.4.3. Besondere Schutzmaßnahmen
Als besondere Strategie, den Bruterfolg des Schreiadlers anzuheben, kommt die Entnahme des
zweiten Jungvogels in Betracht(MEYBURG 1971, HARASZTHY et al. 1996). Dadurch wird
dieser in der kritischen Zeit vor dem Kainismus seitens des älteren Geschwisters bewahrt und kann etwa zwei Wochen vor dem Ausfliegen wieder in den Horst gesetzt werden. Die Methode ist erprobt, es gibt kaum Risiken, hingegen eine deutliche Erhöhung der Reproduktion. Drei
Argumente, die gegen eine Durchführung sprechen könnten, werden von MEYBURG(1971)
entkräftet:
- der(positive) menschliche Eingriff in das natürliche Gleichgewicht ist zwar unnatürlich, ihm stehen jedoch unzählige negative und ebenso unnatürliche Einflüsse gegenüber, die Ursachen des Bestandsrückganges werden nicht berücksichtigt, direkte Verfolgung durch den Menschen hat aber nachweislich einen großen Anteil daran, bei größerer Zahl brutreifer Vögel könnte wieder der Bestand vergrößert und das Areal erweitert werden,
- Störungen am Brutplatz im Zusammenhang mit der Entnahme des Jungvogels stellen bei sachkundigem Vorgehen kein Risiko dar.
Die erzielbare annähernde Verdoppelung der Reproduktion bei den erfolgreichen Paaren ist ein
ernstzunehmendes Argument für die Durchführung entsprechender Maßnahmen. Solange jedoch
davon auszugehen ist, daß die Habitatbedingungen sich insgesamt verschlechtern, kann auch die künstliche Erhöhung der Vermehrungsrate nur als symptomatisches Behandeln angesehen werden, während eine kausale Therapie dringend notwendig ist. Die genannten
Schutzmaßnahmen werden daher nur in Erwägung gezogen, wenn sich trotz deutlicher
Verbesserung des Lebensraumes eine weitere Abnahme des Schreiadlerbestandes, z. B. durch
Ursachen außerhalb des Brutgebietes, abzeichnet.
4.4.4. Forschung
Da es in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen des BMBF-Projektes"Unzerschnittene Lebensräume" ein umfangreiches Forschungsprogramm zum Schreiadler gibt, haben sich Forschungsarbeiten im Land Brandenburg daran zu orientieren. In Brandenburg werden bei ständiger Kooperation mit den Bearbeitern des im Nachbarland laufenden Projektes ergänzende Forschungen vorbereitet und durchgeführt. Das Untersuchungsprogramm in Mecklenburg- Vorpommern umfaßt: - Telemetrische Untersuchungen zum Aktionsraum und Raum-Zeit-Verhalten von ausgewählten Brutpaaren mittels Radiotelemetrie, Analysen zur Habitatstruktur und zur Nutzungsintensität in der Landschaft, Erfassung aller Zerschneidungseffekte und deren Bedeutung für die Brutplatzwahl und