122 LANGGEMACKH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
Erbeutung der Karpfen und Schleie stand in den meisten Fällen im Zusammenhang mit der Nutzung nahegelegener Intensivteiche. Insgesamt liegt der Anteil der wirtschaftlich heute"unerwünschten" Bleie bei 67%. Sichtbeobachtungen bestätigen diesen Befund. Befinden sich intensiv betriebene Fischwirtschaften im Nahrungsrevier, so dominiert in der Beute die jeweils häufigste Fischart.
Bei einem mittleren Nahrungsbedarf von 150-300 g reinen Fischfleisches(vgl. auch HEINROTH 1931) verwendet ein Fischadler nach POOLE (1989) täglich ganze 20-30 Minuten für die Jagd zu seiner eigenen Ernährung. Das Männchen investiert also täglich für die fünfköpfige Familie nicht mehr als 2,5 Stunden reiner Jagdzeit. Nach BROWN und AMADON(1989) enden 90% aller Beutestöße erfolgreich. Aufgrund der sehr effizienten Nahrungsbeschaffung bei zumindest am Nahrungsgewässer- relativ geringer Fluchtdistanz ist die Energiebereitstellung für Fischadler selbst an intensiv vom Menschen genutzten Gewässern unproblematisch. Nahrungshabitate und Fischangebot stellen also in Brandenburg keinen limitierenden Faktor dar!
Der bestandsbegrenzende Faktor für unsere Fischadlerpopulation ist dagegen das Brutplatzangebot. Die Adler benötigen für den Horststand eine nach oben exponierte Warte mit möglichst Rundumsicht, die statisch und von der Konstruktion her in der Lage ist, einen großen, schweren Horst zu tragen. Daher ist eine flächige Unterlage- naturgemäß die flache Krone einer über 100jährigen Kiefer mit entsprechender Astdichte- vonnöten. Der Standort ist von untergeordneter Bedeutung, solange er sich direkten menschlichen Störungen entzieht. Selbst unmittelbar an stark befahrenen Straßen gibt es Neststandorte. Horste finden sich über Schonungen oder in Altbaumbeständen genauso wie in der offenen Feldflur. Absolute Horsthöhen repräsentieren lediglich das lokale Angebot und liegen zwischen 6 und über 40 m. Weit über 90% der Baumhorste werden aus 0. g. Gründen vom Adler in Kiefern angelegt. Horste in Eichen, Birken, Erlen und anderen Arten bleiben dagegen eher Ausnahmen. Der Anteil der als Brutbaum genutzten Kiefern liegt damit wesentlich höher als deren Anteil am gesamten Baumbestand. Abgestorbene Kiefern werden in den kommenden Jahren oft verlassen. Aus MecklenburgVorpommern wurden je eine historische Bodenbrut und eine auf einem trigonometrischen Punkt bekannt(in KLAFS und STÜBS 1987).
In der Regel errichten Fischadler aufgrund des extremen Neststandes ihre Horste selbständig. Als Horstlieferanten kommen anderenfalls am ehesten Seeadler, Graureiher und Schwarzmilan in Frage(FEILER 1983). Als Nachnutzer trat bis zu seinem Aussterben in der Mitte der siebziger Jahre vor allem der Wanderfalke in Erscheinung, der aufgrund seiner früheren Brutzeit am Horst dominierte(FISCHER 1977). Dies gilt auch für den Seeadler, der im Brutrevier des Fischadlers stets vehement attackiert wird. Zwischen den Horsten beider Arten wird stets eine Distanz von wenigstens 300 m gewahrt. Nach eigenen Beobachtungen kann im jeweiligen Jahr der Horst verwaisen, wenn die Fischadler bei ihrer Ankunft aus dem Winterquartier eine Kolkrabenbrut in den Nachbarbäumen vorfinden. In zwei überprüften Fällen brüteten die Adler daraufhin in 250 m Entfernung.
1938 wurde bei Templin erstmals in Europa die Brut eines Fischadlers auf einem Gittermast einer 110-kV-Freileitung nachgewiesen(RÜPPELL, W.& L. 1938). Daraus entwickelte sich über Tradierung eine starke Präferenz für solche Horstplätze. Für annähernd baugleiche 220-KkVMasten gilt dasselbe. Im Altkreis Beeskow brüten sechs benachbarte Fischadlerpaare innerhalb der Masttraversen einer 220-kV-Freileitung. In diesen ungewöhnlichen Fällen sind die Mastköpfe für den Nestbau wenig geeignet; zudem lassen die Verstrebungen in diesen Traversen den anfliegenden Vögeln ausreichend Raum. Der Verdacht liegt nah, daß diese Nistweise über Tradierung auf ein einzelnes Paar zurückgeht, welches erstmals in der Mitte der 70er Jahre unter