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Band 4 Heft 1/2
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OTIS 4(1996) 1/2: 78-143

diesen Umständen brütete. Ein kleiner Teil der Horste befindet sich inzwischen auf 20-kV­Mittelspannungsmasten, die aufgrund ihrer geringeren Höhe allerdings störungsgefährdeter sind (erstmals 1982 in Mecklenburg-Vorpommern ). Seit 1993 wurden in Nordostdeutschland mindestens sechs Adlerhorste auf den Traversenenden von 380-kV-Freileitungsmasten errichtet, die allerdings nicht unter Spannung standen(Abb. 9 im Fototeil). Nach Einschalten der Leitung verwaisten alle diese Nester. Lediglich ROEPKE& BÜLOW(mdl.) berichten von zwei Ausnahmen aus Mecklenburg- Vorpommern , die durch besondere Mastkonstruktion ermöglicht wurden. Nach Auskunft der MEVAG(BARCZYNSKI mdl.) meiden die Vögel derart extreme elektromagnetische Feldstärken.:

1994 brüteten in Brandenburg 56,3% der Fischadler auf Freileitungsmasten. Da Baumbrüter nicht selten jahrelang übersehen werden, ist deren Anteil dabei leicht unterschätzt. In Polen liegen erst für die letzten Jahre zwei Nachweise von Mastbruten vor, obwohl MIZERA et al. (1996) einen Mangel an geeigneten Horstbäumen konstatieren. Dies ist wohl vor allem auf "adlerunfreundliche" Mastkonstruktionen bei fehlendem Populationsdruck zurückzuführen. In Westdeutschland werden ebenfalls überwiegend Mastentypen verwendet, die für eine Besiedelung durch Fischadler ungeeignet erscheinen. Prinzipiell ist festzustellen, daß Masten alle Anforderungen an den"Brutbaum" in besonders hervorragender Weise erfüllen; sie unterscheiden sich in ihrer Struktur nicht grundsätzlich von Bäumen. Daher ist eine irreversible Prägung des Individuums auf Baum oder Mast nicht zu erwarten. Hinweise darauf fehlen. Das große Angebot solcher"Superbäume" kompensiert das dramatische Defizit an natürlichen Horstplätzen. Ein Kunsthorstprogramm der Naturschutzstation Woblitz beweist, daß die Bereitschaft, in Bäumen zu brüten, ungebrochen ist. Unterstützung erfahren indes meist einseitig die Mastbrüter. Während Naturhorste in Bäumen zu 50% im Winterhalbjahr herabstürzen oder zerfallen, sind solche in Masten zum Zeitpunkt des Eintreffens der Adler meist nur geringfügig auszubessern. Dieser Umstand führt mit der Zeit zu einem Überangebot an Masthorsten, wäh­

rend Baumbrutplätze schnell verwaisen können. Im Gegensatz zu dieser Auffassung zum steigenden Anteil der Mastbrüter nennen MEYBURG et al.(1995) als entscheidenden Faktor dafür deren Reproduktion. Tab. 3 vergleicht Reproduktionsparameter von Fischadlerhorsten auf Masten mit solchen auf Bäumen(allerdings sind viele Baumhorste im Großraum um die

Tab. 3: Vergleich der Reproduktion von Baum- und Mastbruten

MEYBURG Naturschutzstation Woblitz et al.(1995)(P. SÖMMER, D. SCHMIDT)

Brutgröße Baum (n) 2,08(258) 2,22(64) Mast(n) 2,22(366) 2,18(176)

Fortpfl.ziffer Baum 1,32 2,03 Mast 1,65 1,91

Totalverluste Baum 29,3% ATS% Mast 12,5%

Teilverluste) Baum id 18,2%

*)= nicht geschlüpfte Eier und frühe Jungvogelverluste; Naturschutzstation Woblitz gegen Absturz gesichert worden). Methodische Unterschiede

bestehen in der Ermittlung des Bruterfolges: die eigenen Daten, auch die von Baumhorsten, sind ausschließlich bei der Beringung erhoben worden, während MEYBURG et al.(1995) sich auf