124_LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten
Kontrollen vom Boden beziehen. Da hierbei besonders die Jungenzahlen in Baumhorsten unterschätzt werden, sind die Ergebnisse von Baum- und Mastbrütern bei dieser Untersuchung nicht direkt vergleichbar. Eine geringe Mortalität bis zum Ausfliegen ist bei beiden Gruppen noch nicht berücksichtigt, dürfte sich aber nicht unterscheiden.
Aus der Gegenüberstellung der Daten ergibt sich, daß Baumbrüter mindestens genauso gut reproduzieren wie Mastbrüter. Sie sind lediglich durch häufigere Horstabstürze benachteiligt. Auf Masthorsten finden sich sogar mehr nicht geschlüpfte Eier.
5.3. Gefährdung
Der Fischadler ist ein hochspezialisierter Spitzenprädator, dessen Bestand natürlicherweise über das Angebot von Ressourcen gesteuert wird. Diese sind ohne das Zutun des Menschen kaum begrenzt, insbesondere bei einer Art mit geringer innerartlicher Konkurrenz. Prädation spielt für eine Spezies in dieser Position als Regulativ keine wesentliche Rolle. Um so verheerender mußte die langfristige Wirkung menschlicher Nachstellung sein. Dieser früher alles beherrschende Faktor kann heute in Brandenburg als historisch gelten. In den letzten Jahren wurden kaum noch gesicherte Fälle menschlicher Nachstellung bekannt. Das oologische Interesse an den attraktiven Eiern ist, unabhängig von der Rechtslage, erlahmt. In Haltungen erweisen sich Fischadler als undankbar(JACOB& JORGA 1988). Mehrere Verdachte von Nestplünderungen hielten der Überprüfung nicht stand: der Anreiz, sich lebende Fischadler anzueignen, ist gering. Für Nachstellung im Sinne der Vergeltung von Schäden gibt es heute in Deutschland nur wenige Indizien. Hinweise darauf könnten ein vorsätzlich abgesägter Horstbaum Anfang der neunziger Jahre im Kreis Neustrelitz (HEMKE mädl.) sowie je ein geschossener Altadler im Jahr 1996 in Nordbrandenburg und in Niedersachsen sein.
Aus der günstigen Bestandssituation heraus wurde der Fischadler in der Roten Liste der Bundesrepublik abgestuft, erscheint aber immer noch in der Kategorie 3"Gefährdet"(WITT et al. 1996). Obwohl Brandenburg das mitteleuropäische Dichtezentrum der Art ist, wurde ihm in der hiesigen Roten Liste(DÜRR et al. 1997) mit Kategorie 2("Stark Gefährdet") ein höherer Gefährdungsgrad bescheinigt als auf Bundesebene. Im europäischen Maßstab gilt der Fischadler wie See- und Schreiadler als"rare"(TUCKER& HEATH 1994). Trotz des durch die Roten Listen angezeigten verbesserten Status ist es notwendig, gegenwärtige Gefährdungsursachen früh zu erkennen und sie zu analysieren, um darauf reagieren zu können.
5.3.1. Störung des Brutgeschehens
Wenngleich die Empfindlichkeit des Fischadlers am Horst nicht ganz so groß ist wie bei Seeund Schreiadler, sind Störungen mit nachfolgendem Brutverlust dokumentiert. In der genannten Probefläche in Nordbrandenburg wurden als Ursachen ermittelt: 5 x Freizeitaktivitäten(darunter 3 x Beerensammler), 3 x Montagearbeiten an Strommasten, 2 x Holzeinschlag, 2 x Fahrzeug oder Wohnwagen längere Zeit unter dem Horst, 2 x ABM-Tätigkeit, je 1 x Landwirtschaft, Wegebau, Wassersport und Jagd. Darüberhinaus wurden zahlreiche weitere Störungen ohne Brutaufgabe registriert. Häufig läßt sich nachträglich nicht klar feststellen, ob eine bestimmte Tätigkeit in Horstnähe als Störung gewirkt hat oder nicht. So gibt es zahlreiche Fälle von Sommereinschlag und Bestandspflege, Jagdausübung in Horstnähe zur Nachtzeit und bei jedem Wetter bis hin zur Nachsuche direkt unter dem Horst. Weitere jagdliche Störungen sind