OTIS 5(1997) 1/2: 88-96 95 A ed N
ihrer ungemein hohen(theoretischen) Produktivität dürfte der Hauptgrund für das gelegentliche Massenauftreten im westlichen Mitteleuropa sein. Unklar ist lediglich die genaue Herkunft dieser Vögel. Die Taimyrhalbinsel als alleiniger Ursprungsort scheint aufgrund der sehr geringen Orttreue(PROKOSCH 1995) nicht auszureichen. Unterstützt wird diese Hypothese dadurch, das die vom westwärts nur bis Taimyr siedelnden Sichelstrandläufer Calidris Jerrugi nea (GLUTZ et al. 1975) gleichwohl bekannten starken Fluktuationen im Rastbestand nicht zwangsläufig phänologisch parallel zum kleineren Verwandten laufen müssen. Plausibler wäre ein verstärktes Auftreten 1996 im westlichen Teil des Verbreitungsgebietes zwischen Taimyr und der Kola-Halbinsel , das in Verbindung mit günstigen Umweltfaktoren(z.B. frühes Abschmelzen der Schneedecke) einen hohen Bruterfolg ermöglicht und somit bei breiter südwestlicher Streuung unser Gebiet in solchen Jahren stärker frequentiert wird.
Der kürzlich von DIERSCHKE(1994) dargestellte Zusammenhang des Bruterfolges einiger arktischer Strandläuferarten in Abhängigkeit vom zyklischen Wechsel der Lemmingdichte infolge unterschiedlichen Prädationsdruckes wurde vom Autor für den Zwergstrandläufer als „weniger deutlich“ beschrieben. Laut DIERSCHKE(1994) wird dieser Fakt durch das gegenüber anderen Calidris- Arten größere Verbreitungsgebiet des Zwergstrandläufers verschleiert. Zumindest für 1996 trifft die Lemmingtheorie nicht zu, da es sich um ein unkalkulierbares Mitteljahr(Gipfeljahr+ 1) im Zyklus dieser nordischen Nagerart handelte und Sichelstrandläufer sowie andere arktische Limikolen in eher durchschnittlichen Zahlen im Beobachtungsgebiet registriert wurden.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß es aus regionaler und selbst mitteleuropäischer Sicht kaum möglich ist, eine abschließende Klärung und Bestätigung von Theorien über die Häufigkeitsdynamik des Zwergstrandläufers vorzunehmen. Nur durch die Auswertung von Jährlichen Erfassungsergebnissen im gesamten Jahreslebensraum wird dies möglich sein.
Literatur
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DIERSCHKE, V. 1994: Phänologie und Fluktuation des Rastvorkommens der Strandläufer Calidris -Arten auf Helgoland . Vogelwelt 115: 59-68