Heft 
Band 7 Heft 1/2
Seite
134
Einzelbild herunterladen
  

Zur Ansiedlung des Grauspechts(Picus canus) im Spreewald mit Bemerkungen zu Situation und Status der Art in Brandenburg

THOMAS NOAH

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit gewährt einen aktuellen Überblick zur Verbreitung und Bestandsentwicklung des Grauspechts(Picus canus ) in Brandenburg . Es werden alle verfügbaren Beobachtungen der letzten

15 Jahre dargestellt und, soweit möglich, kommentiert.

1984 wurde als Vorläufer einer nordwärts gerichteten Arealausdehnung der erste Brutnachweis für das Land Brandenburg registriert, daß bis vor kurzem außerhalb der bekannten Verbreitungsgrenzen lag. Im Verlauf der 90er Jahre etablierten sich in drei Naturräumen kleine Vorkommen, wobei zwei weitere Brut­nachweise erbracht werden konnten. Neben Einzelrevieren unverpaarter Individuen nahm auch die Anzahl festgestellter Grauspechte zu. Vorbehaltlich größerer Erfassungsdefizite wird der Landesbestand auf ge­genwärtig etwa 5 Brutpaare und 10-15 territoriale Einzelvögel geschätzt.

Entsprechend der lokalen Gegebenheiten werden sehr unterschiedliche Waldgesellschaften besiedelt. Be­son-ders bemerkenswert ist das Vorkommen in Erlenwäldern des Oberspreewaldes. Bestands­entwicklung und mögliche Herkunft der Grauspechte werden im Zusammenhang einer großräumigen Ausbreitungstendenz kurz diskutiert. Abschließend werden offene Fragen erwähnt und Hinweise zur Be­standserfassung gegeben.

1. Einleitung

Im mitteleuropäischen Teil seines ausgedehnten und sich bis weit nach Ostasien erstreckenden Verbrei­tungsgebietes besiedelt der Grauspecht(Picus canus ) vorwiegend Buchenwälder in den Mittelgebirgen (CONRADS 1980). Die nördliche Arealgrenze in Deutschland ist im wesentlichen durch Lage der Mittel­gebirgsausläufer charakterisiert(z.B. CONRADS 1980, NICOLAI 1993, HAGEMEDNER& BLAIR 1996). Mit Ausnahme weniger Vorposten unweit der Höhenzüge(z.B. FLADE& MIECH 1986, SCHUBERT 1987, HUMMITZSCH 1988, SIEVERS& SÜDBECK 1990) blieb die norddeutsche Tief­ebene unbesiedelt.

Das Land Brandenburg , dessen maximale Höhe bei 200 Meter ü. NN liegt, repräsentiert einen typischen Ausschnitt dieses Naturgroßraumes. Dementsprechend galt der Grauspecht nur als gelegentlicher Gast in der Mark(KALBE 1987). Etwa seit dem Ende der 1980er Jahre zeichnet sich eine, bereits in den vergan­genen Jahrzehnten angedeutete neue Entwicklungstendenz ab: Der Grauspecht wird alljährlich an ver­schiedenen Orten Brandenburgs festgestellt und neben besetzten Revieren kam es auch zu den ersten Brutnachweisen. Die nachfolgend skizzierte Brutansiedlung im Spreewald wird daher zum Anlaß ge­nommen, das Auftreten des Grauspechts im Zeitraum der letzten 15 Jahre in Brandenburg näher zu be­leuchten und die z.T. weit verstreuten Daten in eine bislang fehlende Gesamtdarstellung einzufügen. Fer­ner ist diese Analyse als Beitrag zur Aktualisierung des Verbreitungsbildes am Nordrand der mitteleuropä­ischen Arealgrenzen gedacht.

2. Lage des Gebietes, Material und Methode

Der im Spreewald vom Grauspecht schwerpunktmäßig besiedelte Raum liegt am Nordrand des 5769 ha großen Naturschutzgebietes(NSG)" Innerer Oberspreewald" nordöstlich der Stadt Lübbenau bzw. südöst­lich des Ortes Alt Zauche in den Kreisen Dahme-Spreewald und Oberspreewald-Lausitz .

Die sehr stark von den vielen Nebenarmen der Spree geformte, reliefarme Niederung(durchschnittlich 50-51 Meter ü. NN) wird neben Erlenwäldern unterschiedlichster Ausprägung im wesentlichen durch parkartig gegliederte Gehölzformationen und Wiesengesellschaften bestimmt.(vgl. Kap. 3.2.). Eine aus­führlichere Beschreibung des gesamten NSG(mit Flächenbilanz) ist bei NOAH(1998) zu finden.