Heft 
Band 7 Heft 1/2
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Folgt man den Angaben von FLADE& MIECH(1986) bzw. P. Südbeck(in FLADE& JEBRAM 1995), so nahm der Bestand im Stadtwald von Wolfsburg (Niedersachsen ) zwischen 1981-83 und 1988-90 um etwa 50% ab. Nur wenige Jahre später entstand in fastexplosionsartigem Ausmaß eine Grauspechtpo­pulation unmittelbar nördlich der bekannten Verbreitungsgrenze im niedersächsischen Tiefland am Stein­ huder Meer (BRANDT& SÜDBECK 1998). Eine vergleichbare Situation- wenn auch weniger spektaku­lär- wurde in Sachsen registriert. Dort sind im Erzgebirge seit Anfang der 80er Jahre starke Rückgänge registriert worden, die ein Erlöschen lokaler Bestände nach sich zogen; während im analogen Zeitraum der Grauspecht verstärkt im Lausitzer Tiefland auftrat(H. Holupirek u.a. in STEFFENS et al. 1998). In ähnli­cher Weise gestaltete sich die Entwicklung in Westpolen. Nach TOMIALOJC(1990) und DYRCZ et al. (1991) nahm die Zahl der Grauspechtfeststellungen im Schlesischen Teil(SW-Polen ) seit Anfang der 80er Jahre kontinuierlich zu, wodurch eine nordwestwärts gerichtete Ausbreitung entstand(vgl. Karte bei TOMIALOJC 1990). Der nordwestliche Arealrand lag nach den Autoren etwa auf der Höhe des Spree­waldes und nur 50 km östlich der Neiße . Gleichwohl weist TOMIALOJC(1990) darauf hin, daß die Verbreitungsgrenze einer Klärung bedarf. Diese positive Entwicklung scheint sich fortzusetzen, wurde doch nach einer Feststellung aus dem Jahr 1998 für 1999 ein Männchenrevier aus dem Lubuscher Land gemeldet( UHLIG et al. i.Vorb.). Der Beobachtungsort befindet sich etwa 50 km östlich Frankfurt/O . Darüberhinaus liegt die Vermutung nahe, daß einzelne Grauspechte entlang der Flußniederungen noch weiter nördlich vorgedrungen sein dürften. Sehr wahrscheinlich resultieren die sporadischen(aber sich in letzter Zeit häufenden) Nachweise im Bereich der mittleren und unteren Oder aus derartigen Vögeln.

Unter Berücksichtigung dieser räumlich-zeitlichen Aspekte ist die, zunächst als Phänomen betrachtete Bestandsentwicklung des Grauspechtes in Brandenburg durchaus zu erwarten gewesen. Fügt man nun die hier geschilderten brandenburgischen Ergebnisse in ein großräumiges Verbreitungsbild ein, so zeigt sich ein nahtloser Anschluß zu den benachbarten und sich ebenfalls in Ausweitung befindenden Populationen des deutsch -polnischen Tieflandes. Daher kann nach Meinung des Verfassers von einerechten Areal­

ausdehnung ausgegangen werden. Umfang und Ausmaß des Auftretens lassen rein lokale und kurzzeitige Erscheinungen unwahrscheinlich erscheinen, zumal ein Ende der Entwicklung gegenwärtig nicht absehbar ist.

6.2. Zur möglichen Herkunft brandenburgischer Grauspechte

Die dargestellten Fakten belegen eine langsame nach Norden gerichtete Ausbreitungstendenz des Grau­spechts im norddeutsch- polnischen Tiefland. Daher 1äßt sich die anstehende Frage zu Herkunft und Ur­sprungsgebiet brandenburgischer Grauspechte ansatzweise diskutieren. Die RegionElsterwerda - Bad Liebenwerda ist zweifellos in engem Zusammenhang mit den nordsächsischen Vorkommen zu betrach­ten(vgl. Karte bei STEFFENS et al. 1998).

Als Ursprung der Grauspechtpopulation im Oberspreewald und auch der gehäuften Beobachtungen im Raum Cottbus muß nicht zwangsläufig die sächsische Population herangezogen werden. Hier könnte auch ein Verbindungskorridor über die nordwestlich exponierteLeitlinie der Spree -Malxe-Niederung zu den niederschlesischen Grauspechten existieren. Denkbar wäre auch eine Kontaktzone beider Vorkommen. Eine wahrscheinliche Anbindung der SchwerpunktregionHoher Fläming ist in der gegenwärtig nur ungenügend bekannten Nordgrenze im Sachsen-Anhaltinischen zu vermuten. Immerhin schlossen sich einzelnen Bruten in der Elbaue bei Dessau in den 70er Jahren(HAMPE 1975, HAMPE 1982), aufgrund gezielten Nachsuchens mehrere Beobachtungen(darunter auch 2 x Paare), im anhaltinischen Teil des Flämings an(1982-85, SCHUBERT 1988). Aktuelle Erhebungen sind nicht bekannt, doch liegt die Ver­mutung nahe, daß im Zusammenhang mit der Besiedlung des Hohen Flämings auch die benachbarten anhaltinischen Waldareale von Grauspechten tangiert werden(vgl. NICOLAI 1993). Während das nördlichste bekannte Revier am Behnitzer See noch Anbindung an die Flämingpopulation haben könnte, sind derartige Interpretationen für die weiter nördlich angesiedelten Einzelfeststellungen nicht möglich. Die größte, bisher bekanntgewordene Distanz hinsichtlich der Überwindung unbesiedelter Natur­räume betrug etwa 70km(SIEVERS& SÜDBECK 1990). Hieraus wird deutlich, daß trotz weit­gehender Unkenntnis über Wanderbewegungen und-entfernungen(z.B. CONRADS 1980, SIEVERS& SUD­