Heft 
Band 7 Heft 1/2
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54 KULLMANN, K.; SCHNEIDER,R.& S. FISCHER : Habitatpräferenz der Grauammer in der Uckermark

Untersuchungen zur Habitatpräferenz der Grauammer(Emberiza calandra) in der Uckermark

KATJA KULLMANN , ROLF SCHNEIDER& STEFAN FISCHER

Zusammenfassung

1996 wurden auf einer Fläche von 27,5 km nordöstlich von Angermünde (Landkreis Uckermark ) 160 Grauammer-Reviere kartiert(5,8 Rev./km). 88 Reviere wurden einer Habitatanalyse unterzogen. Der Bracheanteil war in den Grauammer-Revieren(22%) im Vergleich zum gesamten Untersuchungsgebiet (6%) fast viermal so hoch. Getreideäcker machten zwar 50% der Untersuchungsfläche, aber nur 27% der Revierflächen aus. Die Zusammensetzung der Reviere, die in verschiedenen Perioden besetzt wurden, unterschied sich zum Teil beträchtlich. Den höchsten Bracheanteil wiesen Reviere des zweiten Beset­zungszeitraumes(Ende April/Anfang Mai) auf. Die Nähe von Wäldern und großen Feldgehölzen wurde gemieden. Entfernungen unter 100 m von Wäldern wurden nur in brachereichen Revieren festgestellt. Randbereiche von Siedlungen wurden regelmäßig besiedelt. 33% der Reviere befanden sich in max. 100 m Abstand zu Dorfrändern. Als Singwarten wurden meist Bäume(42%), Sträucher(22%) und Leitungen (20%), auf Brachen aber auch Hochstauden genutzt.

1. Einleitung

Die Grauammer ist ein typischer Bewohner(Leitart) der offenen weiträumigen Feldlandschaft(FLADE 1995). Im ursprünglich bewaldeten nordostdeutschen Tiefland erschlossen sich ihr erst durch die landwirt­schaftliche Bodennutzung Lebensräume. Heute stellt jedoch die Intensivierung der Acker- und Grünland­nutzung eine ernste Gefahr dar, die sich nahezu im gesamten mittel- und westeuropäischen Verbreitungs­gebiet in Form drastischer Bestandsabnahmen abzeichnet(DONALD et al. 1994). Als Ursachen kommen in erster Linie hochintensive Verfahren im Ackerbau, die den Bruterfolg der Grauammer schmälern, und das weitgehende Fehlen von Stoppelbrachen, verbunden mit erhöhter Mortalität während des Winters, in Frage(DONALD& EVANS 1994, CRICK et al. 1994). Auf brachliegenden, wenigstens zeitweise von der Bewirtschaftung ausgenommenen Flächen sind sowohl Siedlungsdichte als auch Bruterfolg deutlich höher als auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Äckern(FISCHER& SCHNEIDER 1996). Dies können sowohl Dauerbrachen sein, als auch breite Weg­ränder und Ackerrandstreifen. Der höhere Bruterfolg auf Brachen ist nach FISCHER(i. Dr.) hauptsächlich auf drei Faktoren zurückzuführen:

- vermehrtes Angebot an Arthropoden, die als Nestlingsnahrung dienen;

- Struktur- und Deckungsreichtum;

- Störungsarmut. Für die seit 1990 in Brandenburg zu beobachtende Bestandserholung der Grauammer(FLADE& SCHWARZ 1996) bildete die Zunahme von Flächenstillegungen(um 20% von 1990 bis 1995, RÖSLER & WEINS 1996) mit Sicherheit einen der entscheidenden Gründe. Nach FISCHER& SCHNEIDER (1996) könnte sich die Art wegen ihrer schnellen Reaktion auf Änderungen der Landnutzung alsBewer­tungsindikator im Sinne von PLACHTER(1991) eignen. Nicht alle Reviere sind jedochOptimallebens­räume und repräsentieren einen aus naturschutzfachlicher Sicht anzustrebenden Sollzustand. So schwankt trotz der Präferenz der Grauammer für Brachen deren Flächenanteil in den einzelnen Revieren erheblich. Die vorliegende Arbeit versucht, Zusammenhänge zwischen der Habi­tatwahl und der Qualität der besetzten Reviere aufzuzeigen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Bedeutung der zeitlichen Abfolge der Revierbesetzung durch die Männchen zukommt. Die Arbeit entstand im Rahmen des BMBF-DBU-VerbundprojektesNaturschutz in der offenen agrarge­nutzten Kulturlandschaft am Beispiel des Biospärenreservates Schorfheide-Chorin in der Projektgruppe Naturschutz am Institut für Biologie der Humboldt-Universität Berlin .

Danksagung: Wir danken Susan Schimroszik und Henrik Watzke für die Mitarbeit.