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Band 7 Heft 1/2
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166 KABUS, A.: Zwerammer(Emberiza pusilla) am Rietzer See- ein Irrgast?

Erwägung gezogen werden, ob nicht die heimziehenden Zwergammern einen vom Wegzug abweichenden Kurs wählen. So wäre für die in Südwesteuropa überwinternden Vögel eine schleifenartige Zugroute zu diskutieren. Sie kämen auf einem kürzeren, in östliche Richtung verschobenen Heimzugweg schneller und direkter in ihre nordskandinavischen Brutgebiete.

5.3. Neues Zugverhalten?- Mögliche Ursachen und Entwicklungen

Als eine Ursache für die anscheinend in den letzten Jahren zunehmende Zahl der Nachweise in Mittel­und Westeuropa ist offenbar die seit Mitte der 80er Jahre im finnischen Lappland nord- und westwärts gerichtete Ausbreitung sowie das Anwachsen der finnischen Population von nur 1.000 Brutpaaren Mitte der 80er Jahre auf 5.000- 10.000 Brutpaare in den frühen 90er Jahren zu vermuten(HAGEMENER& BLAIR 1997).

Offenbar ziehen im Herbst nicht alle nordskandinavischen Zwergammern ost- und südostwärts in ihre traditionellen Überwinterungsgebiete im fernen Südostasien , sondern eben auch in andere Richtungen. Die erhebliche Zunahme in England oder auf Fair Isle / Shetland (ROGERS et al. 1995) weist unverkenn­bar auf einen regulären Wegzug nach Westen hin. Dies hatten bereits GRIMM& KOLBE(1980) disku­tiert. Unter energetischen Gesichtspunkten eines optimalen Zugweges erscheint dieses veränderte Zug ver­halten erklärbar. Hinsichtlich der mitteleuropäischen Nachweise sind GLUTZ v. BLOTZHEIM& BAUER(1997) der Auffassung, daß sichwahrscheinlich... unter den ihr Brutgebiet süd- und süd­westwärts verlassenden Zwergammern nicht alleinIrrgäste, sondern auch Individuen, die einneues südwestliches Winterquartier ansteuern befinden. Auf Grund verschiedener Indizien sehen sie Anzeichen einerlangsamen Bildung einer neuen Zugtradition. Da sich der Zug nicht allein auf den Herbst be­schränkt, müssen bei saisonalen Wanderungen zwangsläufig Heimzugsnachweise im Frühjahr gelingen. Der in diesem Artikel beschriebene Fang in Brandenburg fügt sich räumlich und zeitlich genau in dieses Bild ein. Er stützt, auch durch den diskutierten Zusammenhang mit der Großwetterlage, obige These der Herkunft aus einem Überwinterungsgebiet im Südwesten Europas . Das Auftreten im mitteleuropäischen Binnenland könnte vor diesem Hintergrund weiterhin an Bedeutung gewinnen.

Literatur

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