MiegRa, C. et. al.
Der Raubwürger benötigt in seinem Brutrevier neben einem Brutplatz eine ausreichende Anzahl von Sitzwarten für die Jagd und ein erreichbares Nahrungsangebot. Die erste Bedingung wird in den uckermärkischen Kontrollflächen durch den Strukturreichtum der Landschaft(inklusive Hochspannungsleitungen) erfüllt. Eine ausreichende Nahrungsverfügbarkeit wurde einerseits durch Grünlandflächen und deren regelmäßigen Schnitt sowie den Anbau niedrigwachsender Kulturen, anderseits aber auch durch Ackerbrachen, Trockenrasen u.s.w. gewährleistet.
Verhalten
Während der Bebrütung des Geleges verhielten sich die Raubwürger recht unauffällig. Kam man dem Nest zu nahe, flog das Weibchen ohne Lautäußerungen ab und beobachtete aus der Entfernung den Beobachter. Das Männchen saß meist in Nestnähe an einer Stelle, die eine gute Sicht auf die Umgebung bietet. An den Brutplätzen in den Feldsöllen konnte man den»Bewacher« aus großer Entfernung feststellen. An dem Brutplatz an der Koppel wurde das Männchen jedoch nie bemerkt, so dass zunächst eine Aufgabe des Nestes angenommen worden war. Erst durch die späteren Fütterungsflüge der Altvögel wurde der Irrtum bemerkt und es konnte die erfolgreiche Brut bestätigt werden. In belaubten Bäumen sind Raubwürger schwer auszumachen und sie haben eine kurze Fluchtdistanz. So wurde ein in einer Silberweide sitzender Vogel erst durch die Warnrufe von Stieglitzen bemerkt.
Nach dem Ausfliegen saßen die Jungen in Nestnähe gemeinsam auf Büschen und trockenen Zweigen und wurden dort von den Altvögeln gefüttert. Später, als die Jungen voll flugfähig waren und selbst Beute machten, blieben die Familien noch längere Zeit zusammen. Sie hielten sich dann in der Nähe günstiger Nahrungsplätze mit guter Sitzwartenausstattung(baumbestandene Wege, Feldhecken im Grünland, Freileitungen) auf. Nach DITTBERNER(1996) löst sich der Familenverband nach dem Flüggewerden der Jungvögel innerhalb von zwei bis drei Wochen auf. GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER(1993) und SCHÖN(1994) geben an, dass die Jungen 20-40 Tage nach dem Ausfliegen das Revier verlassen. Nach den Feststellungen von C. Miera im Wilmersdorfer Gebiet kann dieser Vorgang noch wesentlich länger dauern. So konnte von Brut 1(2000) ein Altvogel mit 2 Jungen noch 7 Wochen nach dem Ausfliegen im Brutrevier beobachtet werden. Dabei wurden die vollständig selbstständigen Jungen, die ihren Standort auf einer Hochspannungsleitung hatten, sogar noch gelegentlich mit Nahrung versorgt. Diese Beobachtung verdient Beachtung, da SCHÖN(1994) als letzten Zeitpunkt für die letzte Fütterung der Jungen durch die Eltern etwa 16 Tage nach dem Ausfliegen angibt.
Zusammenfassung. In einem Raubwürgerbrutgebiet in der Uckermark wurde das Anwachsen des Bestandes auf hohe Dichten von 0,5 BP/km” dokumentiert. In einem anderen Brutgebiet wurde ebenfalls Mitte der 1990er Jahre eine Zunahme der Paarzahl registriert. In zwei weiteren Gebieten konnten hohe Brutdichten von 0,43 bzw. 0,31 BP/km* ermittelt werden. Mögliche Ursachen für die Bestandszunahme werden diskutiert und Beobachtungen zum Verhalten, besonders zur Auflösung der Familienverbände mitgeteilt.