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Von weiteren 92 Ringvögeln erhielt die Vogelwarte Hiddensee innerhalb der letzten 30 Jahre bei Rückmeldungen als Mortalitätsursache‘Stromtod’ genannt. Hier wurde allerdings nicht zwischen Anflug und Stromschlag unterschieden. Deshalb blieben diese Daten in Tab. 1 unberücksichtigt. Somit kamen innerhalb der letzten ca. 30 Jahre im beschriebenen Gebiet 325 Vögel nachweislich an Energiefreileitungen zu Tode. Das scheint auf den ersten Blick nicht viel zu sein. Wenn man aber bedenkt, dass es sich hierbei ausschließlich um Zufallsfunde handelt, bekommt diese Zahl ein anderes Gewicht.
Der erste in der Naturschutzstation Woblitz dokumentierte Fund stammt aus dem Jahre 1975. Die meisten sind jedoch neueren Datums. Von den 223 erfassten Unfällen ereigneten sich 173 in den letzten fünf Jahren. Das deutet sicher nicht an, dass in der Zeit davor weniger Vögel verunglückten. Es ist eher anzunehmen, dass damals auf Grund der höheren Zahl gefährlicher Masten mehr Vögel verunglückten. Die aktuelle Häufung von Meldungen liegt vielmehr an der Sensibilisierung der Bevölkerung durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und der zentralen Erfassung der Funde.
Auf Grund der Zusammenstellung der Unfallmasten kann eine Einschätzung der Gefahrenpotenziale der einzelnen Masttypen erfolgen. Diese können für die einzelnen Vogelarten recht unterschiedlich sein(Tab. 2). So sind z. B. Trafohäuser für Schleiereulen sehr gefährlich, während sie für andere Arten keine Gefahr darstellen. Das liegt unter anderem auch daran, dass Schleiereulen bevorzugt in solchen Lokalitäten brüten oder hier ihre Tageseinstände haben. Abspannmaste mit zu kurzen Abspannisolatoren(ohne Hilfsstützer) sind hauptsächlich für Vögel gefährlich, die mit ihrer Schrittlänge in der Lage sind, solche Strecken zu überbrücken. Hierzu gehören die beiden Storchenarten. Eine Überbrückung ist umso leichter, je kürzer der Isolator ist. Deshalb besitzen Abspannmasten und auch Trafomaststationen(TMS) mit mittellangen Isolatoren ein geringeres Gefahrenpotenzial als Masten mit kurzen Isolatoren.
Tab. 2: Häufigkeit des Stromschlages verschiedener Vogelarten an unterschiedlichen Masttypen[1 Tragmaste mit Stützisolatoren, 1 Ebene(s. Abb. 2); 2- Tragmaste mit Stützisolatoren, 3 Ebenen; 3 Abspannmaste(s. Abb. 3); 4- Trafohäuser; 5- Trafomaststationen(s. Abb. 4); 6- Masttrennschalter(s. Abb. 3); 7- Holzmaste; 8- Umspannwerke; 9- Hochspannungsanlagen; 10- Stahlmaste, Typ unklar; 11 Masttyp unbekannt. Tab. 2: Number of dead birds on different types of pylons.
Vogelart Masttyp(Nummer s. Legende) 12 3 4 5 6 7 8.9. 10
Schwarzstorch Ciconia nigra 1
Weißstorch Ciconia ciconia 282 27 13
Schwarzmilan Milvus migrans 1
Rotmilan Milvus milvus 3 1
Mäusebussard Buteo buteo 7 1
Habicht Accipiter gentilis
Greifvogel spec.
Schleiereule Tyto alba
Uhu Bubo bubo
Star Sturnus vulgaris 1
Nebelkrähe Corvus c. cornix 7 1
Summe 471 2 34 22 20