Heft 
Band 10
Seite
95
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Otis 10(2002): 95-110

Zum Vorkommen der Gebirgsstelze (Motazcilla cinerea) im Spreewald

von Thomas Noah& Steffen Weiß

Summary: The Grey Wagtail in the Spreewald area.

29 Grey Wagtail territories were mapped in the Spreewald region in 2002(2.9 terr./100 km). The total number is estimated at 33 to 36 territories in the 1017.5 km large area. Most territories were associated with dams. In one part of the study area the number of pairs increased from 1 in 1993 to 12 in 2002. Historical data of Grey Wagtail occurrence are given. The changes in breeding density are discussed on a central European perspective. Data on phenology and habitat use are presented.

Einleitung Die Gebirgsstelze ist in Brandenburg ein spärlicher Brutvogel mit gegenwärtig etwa 230 Brutpaaren(DEUTSCHMANN in ABBO 2001). Aufgrund des vergleichsweise geringen Bestandes mit lokal rückläufigen Tendenzen wird die Art in der»Rote Liste der Brutvögel des Landes Brandenburg « als»stark gefährdet« aufgeführt(DURR et al. 1997). Ihre Verbreitung konzen­triert sich in erster Linie auf die stärker bewaldeten Endmoränengebiete im Norden des Landes, den Fläming, die Märkische Schweiz, das Schlaubetal und die nordwestliche Nieder­lausitz(DEUTSCHMANN in ABBO 2001, NıcoLAI 1993), wo insgesamt mehr als 75% des Landes­bestandes brüten. Zwischen den Vorkommensschwerpunkten gibt es größere unbesiedelte Räume, die sogar im europäischen Brutvogelatlas sichtbar werden und bereits die östliche Verbreitungsgrenze des westlichen Arealteils der Gebirgsstelze markieren(HAGEMEINJER& BLAIR 1997, ToM1ALOJC 1990). Dieses sehr ungleichmäßige Verbreitungsmuster ist im Kontext der spe­zifischen Habitatansprüche der Art eindeutig nachvollziehbar. Die Gebirgsstelze besiedelt in Mitteleuropa vorwiegend bewaldete(schattige) Bäche und Flüsse mit hoher Fließgeschwindig­keit; im Tiefland erlangen dabei Bauwerke, wie Stauanlagen, eine hohe Bedeutung als Habitat­requisiten(z.B. SCHIFFERLI 1985). Im Spreewald findet die Gebirgsstelze auf den ersten Blick nur sehr begrenzt geeignete Lebensraumbedingungen vor, obgleich die amphibische Landschaft, wie kein anderer Naturraum in Mitteleuropa , von einem feingliedrigen Fließgewässernetz geprägt ist. Als Hauptursache dafür gilt gemeinhin die träge Fließgeschwindigkeit, die in den Sommermonaten zuweilen den Eindruck von Stillgewässern vermitteln kann. Dem entspre­chend war die Art hier noch vor einigen Jahrzehnten ein seltener, unregelmäßiger Brutvogel (z.B. LITZBARSKI& LITZBARSKI 1966). Doch innerhalb weniger Jahre etablierte sich diese Leitart der Fließgewässer(FLADE 1994) mehr und mehr zu dem Charaktervogel der größeren Stauan­lagen im Spreewald. Parallel zu einer seit mehr als zehn Jahren laufenden Bestandserfassung im