Gebirgsstelze im Spreewald 105
zeitlichen und quantitativen Verlauf wie im Unterspreewald vollzog. Beispielsweise wurden die Fließe im NSG Innerer Oberspreewald im Rahmen einer anderen Untersuchung im Mai und Juni 1998 nahezu vollständig(z.T. mehrfach) kontrolliert(NoAH 1998). Dabei wurde nur ein Gebirgsstelzen-Revier festgestellt. Innerhalb der 1998 kartierten Fläche konnten im Jahr 2002 nicht weniger als 7 Reviere ermittelt werden. Zudem sind keine Brutzeitbeobachtungen aus den Jahren 1990-1997 aus dem Oberspreewald bekannt geworden. Es liegt also nahe, den Verlauf der Bestandsentwicklung im Unterspreewald auch auf den Oberspreewald zu übertragen, zumal sich beide Teilräume hinsichtlich ihrer naturräumlichen Ausstattung sehr ähneln. Wir gehen davon aus, dass sich die Population im Spreewald binnen weniger Jahre etablierte. Sie umfasst gegenwärtig etwa 15% des brandenburgischen Landesbestandes. Es bleibt allerdings im Unklaren, welche weiteren Faktoren für diese beträchtliche Zunahme verantwortlich sind. Wie eingangs erwähnt, entsprechen die Habitatbedingungen im Spreewald nur sehr begrenzt den Ansprüchen der Gebirgsstelze. Als einer der wichtigsten Parameter am Brutplatz werden stets»schnellfließende« oder»wildbachartige« Flussabschnitte genannt(SCHIFFERLI 1985, HöLZINGER& SCHMID 1999). Diese Ansprüche werden im UG lediglich an kurzen Strecken der Dahme erfüllt, mit einigen Einschränkungen auch noch an der Berste. Im Spreewald hingegen erfuhr die Entwicklung der Durchflussmengen(und damit auch der Fließgeschwindigkeit) in den vergangenen Jahrzehnten nachhaltige Veränderungen infolge der Auswirkungen des Braunkohlebergbaus. Wurde seit Beginn der regelmäßigen Messungen(Messpunkt Hauptspree nördl. Lübben ) 1920 bis 1990 ein jährlicher Mittelwasserabfluss von etwa 25 m’/s ermittelt, verringerte sich dieser Anfang der 1990er Jahre auf 20 m’/s. Derzeit beträgt der jährliche Mittelwasserabfluss etwa 15 m’/s, und bis zum Jahr 2010 werden nur noch maximal 10 m/s prognostiziert(LAUBAG 1993, s. auch VöTT 2001). Wesentliche Ursache dieser bedrohlichen Situation ist die massive Ableitung von Spreewasser zum Befüllen der Tagebaurestlöcher bei gleichzeitigem Fehlen von Grundwasserzuleitungen aus diesen Regionen. Bereits seit einigen Jahren tendiert die Fließgeschwindigkeit an vielen Flussabschnitten und Brutplätzen im Spreewald zur Brutzeit gegen Null. Lediglich an Stauanlagen vermittelt der herabstürzende Wasserschwall zumindest akustisch noch»bachartige« Zustände. Der Faktor träge bzw. fehlende Fließgeschwindigkeit kann im UG daher keine elementare Bedeutung besitzen, wie die positive Bestandsentwicklung belegt. Allerdings liegt die im UG ermittelte lineare Dichte von nur 0,04 Rev./km Fließstrecke erwartungsgemäß weit unter den entsprechenden Werten im Vergleich zu Optimalhabitaten in den Mittelgebirgslagen(z.B. Niedersachsen : max. 3,5 BP/km, ZANG 2001; Tschechien :>3,0 BP/km, SCHIFFERLI& FLOUSEK 1997; Schweiz : bis 3,0 BP/km, SCHIFFERLI 1985, MARTI& BREITENMOSER in SCHMID et al.(1998); Sachsen : 2,5 BP/km, STURM u.a. in STEFFENS et al. 1998; Baden-Württemberg : 2,3 BP/km, HÖLZINGER& SCHMID 1999). Als Schlüsselfaktor für die Dichte und räumliche Verteilung im UG wird von uns in erster Linie die Anzahl der Wehre in waldreicher Umgebung angesehen, weil sich die Verbreitung der Gebirgsstelze eng an diese Bauwerke bindet. Bruten abseits von Stauanlagen sind bislang nur einmal festgestellt worden: ein Paar füttert am 3.6.98 juv. in Burg-Kolonie, Nest 0,5 m über dem Wasser