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(Tab. 3). Allerdings gab ihre landschaftsbezogene Zuordnung jedoch über deutliche Präferenzen Auskunft. Der‘FLÄ’ dominierte in den Mittelbrandenburgischen Platten und Niederungen(FLÄ: LAU= 3,1: 1), der‘LAU’ hingegen im Niederen Flä ming (LAU: FLÄ= 1: 0,1). Vor allem im Westen des UG wurden neben den Repräsentanten des FLÄ-Dialektes bemerkenswert oft auch Mischsänger gehört, die entweder beide Regionaldialekte alternierend vortrugen und/oder zu einer Strophe kombinierten(vgl. K. Conrads in GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER 1997). Über jene drei Durchzügler unbekannter—geographischer Herkunft, die kurzzeitig im UG Rast einlegten, soll gesondert berichtet werden(SCHUBERT, in Vorb.).
Diskussion
Den wohl ältesten Hinweis zum Vorkommen des Ortolans in Brandenburg teilt HILDEBRANDT(2001) mit, wonach Johann Friedrich Naumann (1850) diese Vögel 1835 nahezu überall an den Straßen zwischen Potsdam , Charlottenburg und Berlin sah. Aus den südlich angrenzenden Altkreisen Zossen und Jüterbog (Teltow-Fläming ) einschließlich Belzig (Potsdam-Mittelmark ) wurden Beobachtungen der Ammer erst vor wenigen Jahrzehnten bekannt. Für das Luckenwalder Gebiet, das von diesen Altkreisen umschlossen wird, blieben derartige Nachweise infolge Beobachtermangel weiterhin aus (RuTscHKE 1987). Inzwischen stellt jedoch die im Jahr 1994 ermittelte Abundanz von 0,5 Männchen pro km? landwirtschaftlicher Nutzfläche den Altkreis Luckenwalde zu den bedeutenden Siedlungsgebieten des Ortolans im südwestlichen Branden burg (vgl. ABBO 2001). Auch hier siedelte das Gros revierhaltender Männchen in direkter Nachbarschaft zu Getreide, was erneut auf die hinreichend bekannte Wechselbeziehung zwischen OrtolanAnsiedlung und Getreideanbau aufmerksam macht. Weit über das UG' hinaus wird Getreide derzeit durch Raps, Mais, Sonnenblumen und Spargel ersetzt, was nicht ohne negative Auswirkungen auf die Siedlungsdichte und Dispersion des Ortolans in Ostdeutschland bleiben dürfte. Beispielhaft hierfür steht der Männchen-Bestand auf einer benachbarten Kontrollfläche östlich von Beelitz (PotsdamMittelmark), der sich infolge flächenhafter Spargelkulturen auf vormaligen Getreideäckern von 41 Männchen(1996) auf 23 Männchen(2003) nahezu halbiert hat(SCHUBERT 1993, 1996 u. in Vorb.).
Aus bioakustischer Sicht zählt das UG zu den wenigen bis dato bekannt gewordenen Dialektmischgebieten des Ortolans in Deutschland (SCHUBERT 1997, K. Conrads in GLUTZ VON BLOTZHEIM& BAUER 1997). Während die Dominanz des‘FLÄ’ im Bereich der Mittelbrandenburgischen Platten und Niederungen seinem westlich vorgelagertem Hauptsiedlungsgebiet geschuldet sein dürfte, kann die des ‘LAU’ im Niederen Fläming auf die nahe Niederlausitz zurückgeführt werden, in der dieser überaus melodische Regionaldialekt vorherrscht(SCHUBERT, in Vorb.). Nicht zuletzt stützt die bemerkenswerte Häufung der Dialektmischsänger(FLÄ-LAU) im Westen des UG die bereits an anderer Stelle postulierte Leitlinienfunktion des Baruther Urstromtals für Ortolane der LAU-Dialektpopulation ein weiteres Mal(SCHUBERT 1993). Auch wird die feldornithologische Relevanz der Kenntnis möglichst vieler Ortolan-Dialekte erneut deutlich, weil sich mit ihrer Hilfe populationsdynamische Vorgänge in Form der “bioakustischen Beringung” in der Landschaft nachzeichnen lassen(HELB 1997). Der Umstand, dass sich J.. Naumann(1850) nicht weiter über den Gesang jener Ortolane zwischen Potsdam und Berlin äußerte, könnte auf den FLÄ deuten, der ihm aus seiner anhaltischen Heimat vertraut war.
Literatur
ABBO(2001): Die Vogelwelt Brandenburgs . Rangs dorf .
BAUER, H.-G., P. BERTHOLD, P. Boye, W. KNIEr P SÜDBECK& K. WıTT(2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. Ber. Vogelschutz 39: 13-60.
COonRADs, K.(1971): Regionaldialekte des Ortolans (Emberiza hortulana) in Deutschland . Vogelwelt 92: 81-100.
COonraDs, K.(1994): Dialektklassen des Ortolans, Emberiza hortulana, im mittleren Europa - eine Übersicht. In: STEINER, H. M.(Hrsg.): I. OrtolanSymp. Wien 1992: 5-30.
GLUTZ VON BLOTZHEIM , U. N. & K. M. BAUER(1997): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 14. Wiesbaden.
DÜRR, T., W. MÄDLOW, T. RYSLAVY& G. SOHNS(1997): Rote Liste und Liste der Brutvögel des Landes Brandenburg . Naturschutz_Landschaftspfl. Brandenb. 6(2), Beilage.
GNIELKA, R.& J. ZAUMSEIL(1997): Atlas der Brutvögel Sachsen-Anhalts- Kartierung des Südteils von 1990 bis 1995. Halle.
HeLB, H.-W.(1997): Gesangsdialekte des Ortolans,