Heft 
Band 11
Seite
109
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Otis 11(2003): 109-110

Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg

Torsten Langgemach

Allen Mitstreitern, die sowohl die ABBO als auch die Vogelschutzwarte durch die Bereitstellung faunisti­scher Daten unterstützen, sei herz­lich gedankt! Die jährlichen Berichte in derOtis(Avifaunistischer Jahresbericht) sowie inNaturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg (Jahresbericht zu ausgewählten Brutvogelarten) geben allen Inte­ressenten einen regelmäßigen Rücklauf und eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Aus der Sicht des Vogelschutzes liegt die größte Bedeutung des Datenpools jedoch darin, dass er in Verbindung mit den Resultaten laufender Monitoringprogramme eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen raumbedeutsamer Planungen für die Vogelwelt darstellt. Auch wenn viele aktuelle Entwicklungen alles andere als konfliktfrei sind, konnten an vielen Stellen noch weitaus gravierende­re Auswirkungen für die Vögel verhindert werden. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus den zurückliegenden Jahren soll hiermit noch einmal darauf hingewiesen werden, dass sowohl die Geheimhaltung von Brutvorkommen als auch die Übermittlung falscher oder ungenauer Daten nicht zweckdienlich, sondern trotz guter Absicht oft kontraproduktiv ist. Fallbeispiel 1: Als Argument gegen einen geplanten Windpark wird ein Seeadlerhorst im 3-km-Umfeld herangezogen. Die Planung betrifft damit einen Tabu-Bereich nach demErlass zur Einführung tier­ökologischer Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg des Mi­nisteriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung(MLUR). Nachdem bekannt wird, dass der Brutplatz nicht drei, sondern sieben Kilo­meter entfernt ist, stehen die Glaubwürdigkeit der Vogelschutzwarte und des Betreuers auf dem Spiel. Fallbeispiel 2: Regelmäßig werden aus Planungsge­bieten seltene Arten gemeldet, die dort seit vielen Jahren nicht mehr registriert wurden oder gar noch nie vorgekommen sind. Dies betrifft z. B. regelmäßig die Großtrappe. Viele solcher Meldungen sind schon aufgrund der Beobachtungsumstände dubios und nicht selten nachweislich falsch. Unweigerlich führt

solches allein strategisch begründetes Herangehen dazu, dass keine Einschätzung tatsächlicher Ver­breitungsmuster mehr möglich ist, dass enorme Zeit für die Verifizierung gemeldeter Daten erfor­derlich ist und dass letztlich wiederum die Glaub­würdigkeit der Beteiligten in Frage gestellt wird. Fallbeispiel 3: Zur Erarbeitung einer Arbeitskarte zu den Konflikten zwischen Großtrappenschutz und Windkraftplanungen wurden durch die Vogel­schutzwarte in aufwändigen persönlichen Befra­gungen diverse Daten zusammengetragen, die weit über den anfänglich verfügbaren Fundus gemelde­ter Nachweise hinausgingen. Ein Teil dieser in Tage­büchern schlummernden Daten stand zum Zeit­punkt der Abwägung nicht zur Verfügung, hätte jedoch andernfalls helfen können, einige besonders kritische Windkraftplanungen zu verhindern. Fallbeispiel 4: Bei einem Waldverkauf hält der durch das Landesumweltamt berufene Horstbetreu­er einen Adlerhorst geheim. Da weder der Revier­förster noch der neue Waldbesitzer von dem Brut­vorkommen wissen, kommt es bei der Durch­forstung zu massiven Auflichtungen in der gesetz­lich verankerten Horstschutzzone. Das im Nachhin­ein durch den Betreuer angemahnte behördliche Vorgehen gegen die Durchforstung, bei der sogar der Horstbaum gefällt worden sein soll, fällt ins Wasser, weil niemand außer dem Betreuer den Brutplatz kannte.

In den Bundesländern wird derzeit schon an Erlas­sen für dasRepowering von Windkraftanlagen gearbeitet. Im Zuge desRepowering, d. h. den Ersatz bestehender durch leistungsfähigere Wind­kraftanlagen, ergibt sich die Möglichkeit, nochmals auf den Rückbau an Standorten hinzuwirken, die besonders kritisch sind. Da die existierenden Windparks von vielen Arten gemieden werden, wird es nicht gelingen, über aktuelle Nachweise neue Argumente zum naturschutzfachlichen Wert der Flächen zu sammeln. Andererseits können Vögel, die sich ggf. an die Anlagen gewöhnt haben, nicht mehr als Argument gegen dieselben herangezogen werden. Sofern nicht vergleichende Untersuchungen vor und nach der Errichtung von Windparks defini­