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Otis 11(2003)
tiv bewiesen haben, dass die Anlagen zu einer deutlichen Entwertung von Flächen geführt haben, bleibt als einzige nachträgliche Möglichkeit, dies zu beweisen, die auftretenden Verluste von Vögeln und Fledermäusen zu dokumentieren. Das Verlustmonitoring an bestehenden Anlagen erlangt vor diesem Hintergrund eine neue, zusätzliche Bedeutung. Aus diesem Grund wird dazu aufgerufen, durch systematische Untersuchungen dazu beizutragen, dass besonders kritische Anlagen bzw. Windparks erkannt werden. Die Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg koordiniert die Datensammlung für ganz Deutschland und nimmt alle Mitteilungen dankend entgegen. Um weitgehend standardisierte Erhebung und Dokumentation aller Daten wird gebeten(vgl. Otis 9/2001).
Die Konflikte zwischen Kormoran und Fischerei wurden erstmals auf europäischer Ebene thematisiert. Ein seit Dezember 2003 vorliegender 169 Seiten langer Bericht ist abrufbar unter http://banchory.ceh.ac.uk/REDCAFE/REDCAFEdocs.htm. Er entstand im Auftrag der EU -Kommission als Arbeitsergebnis eines Netzwerkes von 49 Personen, die 43 Organisationen und 25 Länder repräsentieren und allen relevanten Interessenvertretungsgruppen zugehörig sind. Hintergrund ist die Bestandsentwicklung des Kormorans, besonders der Festlandsrasse Pc. sinensis , auf weit über 150.000 Brutpaare in Europa , verbunden mit einer erheblichen Arealerweiterung. Als Gründe dafür werden genannt: der gesetzliche Schutz von Kormoranen in großen Teilen Europas , ein quasi nicht limitierendes Angebot an Fisch, das die Kormorane mit großer Anpassungsfähigkeit nutzten, Gewässereutrophierung, verringerter Pestizideinsatz, weniger Schadstoffe in den Gewässern, bauliche Veränderungen von Wassersystemen bis hin zur Neuanlage von Gewässern mit günstigem Zugang zur Nahrung und nicht zuletzt ein größerer Anteil von kleinen Fischen durch die Intensität der Fischwirtschaft. Der Bericht geht von den biologischen Schlüsselfaktoren für die Bestandsentwicklung aus, enthält eine tiefgründige Darstellung des Gesamtproblems auf der Basis von 235 dokumentierten Konfliktfällen aus 24 Ländern und stellt schließlich die bisher angewandten Managementvarianten ausführlich dar. Für den Praktiker als auch für politische Entscheidungsträger ist dieser Teil, der für jede Methode eine Einschätzung von Effektivität, Praktikabilität, Akzeptanz und Kosten enthält, sicher am aufschlussreichsten. Zu den zentralen Botschaften des
Reports gehört, dass Lösungen, die allein auf die Kormorandezimierung abzielen, langfristig nicht wirksam sein können. Das Kormoranproblem sollte zudem im Kontext mit den allgemeinen Problemen, die die Fischerei in vielen Teilen Europas hat, thematisiert werden. Es wird dazu aufgerufen, jeden einzelnen Konflikt gründlich zu analysieren und in fachübergreifenden Gremien, die aus Fischern und Vogelkundlern, aus Wissenschaftlern, Praktikern und Behördenvertretern bestehen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Eine Zusammenfassung des REDCAFE-Reports in deutscher Sprache wurde in der Vogelschutzwarte erstellt und kann per e-mail versandt werden.
Obwohl das neue brandenburgische Jagdgesetz gern als besonders fortschrittlich bezeichnet wird, enthält es immer noch keine Regelung zum Verbot bleihaltiger Munition. Die Tatsache, dass in Bran denburg 33% aller tot gefundenen Seeadler an den Resten bleihaltiger Jagdmunition sterben, war wohl nicht beweiskräftig genug. Gemessen an einem Gesamtumfang von mittlerweile 215 Adlern aus ganz Deutschland , die im Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin sowie im Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersucht wurden, liegt die brandenburgische Zahl sogar über dem Durchschnitt von 27% bleivergifteter Vögel. In vielen Staaten ist zumindest der Einsatz von bleihaltigem Schrot mittlerweile untersagt. In Deutschland haben immerhin fünf Bundesländer entsprechende Landesregelungen erlassen.
Eine Meldung“in eigener Sache”: Gleich zwei erfolgreiche Rebhuhnbruten gab es im Jahr 2003 auf dem Gelände der Vogelschutzwarte in Buckow . Erst Ende August wurde zunächst eine Familie mit fünf halbwüchsigen Jungen entdeckt, dann eine weitere mit sieben Jungen. Angesichts der Bestandssituation der Art ist dieser Erfolg vor der Haustür der Vogelschutzwarte um so erfreulicher!