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Band 11
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Otis 11(2003)

Nutzungswandel mit verstärkter Entwässerung sowie Umbruch oder Abbrennen der Niedermoor­flächen wirkte sich vermutlich schnell und nachhal­tig auf die spezialisierten Arten der Avifauna aus. Arten wie Kampfläufer und Trauerseeschwalbe ver­schwanden sofort oder wurden in ihrem Bestand stark dezimiert. Die nach der Entwässerung bzw. der Kultivierung folgende meist extensive Bewirt­schaftungsforme wirkte sich hierbei vermutlich nur sekundär aus. Andere Arten wie Großer Brachvogel, Großtrappe, Birkhuhn oder Sumpfrohrsänger kamen noch häufig vor bzw. konnten ihren Lebens­raum sogar in die trockengelegten Luchgebiete aus­dehnen.

Mit Beginn der ab 1960 großflächig und intensiv durchgeführten Melioration und Bewirtschaftung weitete sich der Rückgang auf nahezu alle Offen­landvogelarten der Luchgebiete aus. Besonders in der Zeit der Komplexmelioration ab ca. 1970 kam es in den Untersuchungsgebieten zu deutlich verstärk­ter Hydro- und Flurmelioration verbunden mit der intensivsten landwirtschaftlichen Bewirtschaftung aller untersuchten Zeitphasen. In diesem Zeitraum, der bis zum Ende der 1980er Jahre anhielt, wurden ebenfalls die stärksten negativen Auswirkungen auf die Avifauna festgestellt. Vogelarten wie Uferschnep­fe, Rotschenkel oder Birkhuhn verschwanden voll­ständig aus dem Untersuchungsgebiet. Arten wie Großtrappe, Großer Brachvogel , Kiebitz, Steinkauz oder Wiesenpieper erlitten starke Bestandsein­brüche.

Diskutiert wurden die Ergebnisse anhand des Leitartenkonzeptes nach FLADE(1994). Dabei wur­den die Einflüsse der Landnutzung auf einzelne Leitarten und Leitartengruppen der für den Standort Niedermoor charakteristischen Lebens­räume untersucht. Es zeigte sich, dass es parallel zu unterschiedlichen Intensitätsstufen in der Geschichte der Landnutzung auch zu unterschied­lichen Auswirkungen auf Vogelarten kam. So konn­te um 1900 bei der sehr extensiven bis gänzlich unterlassenen Nutzung mit hohem Grundwasser­stand eine hochspezialisierte und heute nur noch in

Osteuropa vorkommende Avifauna in den Luch­gebieten vorgefunden werden. Die nachfolgende Entwässerung mit extensiver Nutzung beeinträch­tigte bereits stenöke Arten wie Seggenrohrsänger oder Kampfläufer. Weniger stark an hohen Wasser­stand gebundene Arten wie Großer Brachvogel, Kiebitz oder Großtrappe gingen erst durch die um­fangreichen Intensivierungsmaßnahmen ab 1960 stark zurück.

Insgesamt sind die ausgewählten Luchgebiete im betrachteten Zeitraum stark avifaunistisch verarmt. Die Zahl der Brutvogelarten der für Niedermoorge­biete als charakteristisch geltenden Lebensräume verringerte sich von 1900 bis 1990 um 40 Prozent, die der Leitarten nach FLADE(1994) sogar um 50 Prozent.

Als Maßnahmen der Landnutzung nach 1960, die sich stark negativ auf die Avifauna auswirkten, wur­den neben der umfangreichen Hydro- und Flurme­lioration die Verringerung des Grünlandanteiles zugunsten des Ackerbaues, die nahezu ausschließli­che Bewirtschaftung des Grünlandes als Saatgras­land mit periodischem Umbruch sowie eine intensi­ve Bewirtschaftung nahezu aller Flächen im be­trachteten Untersuchungsgebiet festgestellt. Die Maßnahmen führten bei den meisten der im Luch brütenden Vogelarten zur Einschränkung oder zum Verlust ihres Lebensraumes, zur Zerstörung ihrer Nahrungsgrundlage oder zu sonstigen vielfältigen Störeinflüssen.

Der Vergleich mit Untersuchungen von Autoren in anderen Gebieten wie z.B. HIELSCHER(1999) im Oberen Rhinluch bekräftigte den Zusammenhang zwischen der im letzten Jahrhundert zugenomme­nen Intensivierung der Landnutzung einerseits und dem Rückgang der Avifauna andererseits.

Die Diplomarbeit wurde von Dr. Torsten Langge­mach, Staatliche Vogelschutzwarte Buckow, initiiert und betreut sowie als zweiter Gutachter bewertet. Erster Gutachter der Arbeit war Prof. Dr. Hans-Peter Piorr von der Fachhochschule Eberswalde.