Dittberner: Das FIB Unteres Odertal- eine ökologische Brutfalle? 15
der fallen die Brutplätze trocken(Abb. 6, 7). Erst werden die Nester auf Gebüsch, auf angeschwemmten Bülten, dann solche auf Kieswegen, Beton- und Holzbrücken, auf Schwemmmaterial und schließlich auch die auf den Nasswiesen aufgegeben. In die sich auflösenden Kolonien dringen Raubsäuger wie Fuchs, Marderhund, Dachs und Hermelin ein. Lokal finden sich Wildschweine ein. Regelmäßig beteiligen sich Kolkraben, Nebelkrähen und Rohrweihen am Verzehr des reichhaltigen Nahrungsangebots. Ausgefressene Eier und Eischalenreste liegen in den aufgegebenen Brutkolonien, auf Wegen und Dämmen umher.
Trauerseeschwalbe Chlidonias niger
Status: Die Trauerseeschwalbe ist Koloniebrüter im FIB. Die Anzahl der BP schwankte zwischen 1966 und 2004 zwischen 15 und 145 BP(1979).
Brutbeginn und Brutverlauf: Die Ankunft der Trauerseeschwalbe erfolgt im FIB im April/Mai. In der ersten Maihälfte bilden sich die Brutkolonien heraus. Gibt es keine überschwemmten Flächen mehr, so siedeln die Vögel an Oderaltarmen. Nur in nassen Jahren mit Überschwemmungsflächen bis Mitte/Ende Mai siedeln die Brutvögel auf den überfluteten Polderwiesen.
Verluste: Mit dem Abpumpen auch der Restwasserflächen gehen die meisten Bruten durch Prädation verloren.
Anmerkungen: Nach einem Brutverlust wandern die meisten Trauerseeschwalben ab. Einige Brutvögel führen ein Nachgelege an Oderaltarmen durch. Die Gelegestärke der Ersatzbruten ist geringer als die von Normalbruten(DITTBERNER& DITTBERNER 1993).
Wiesenpieper Anthus pratensis
Status: Der Wiesenpieper ist Brutvogel mit abnehmender Tendenz.
Brutbeginn und Brutverlauf: Der Wiesenpieper sucht die Brutreviere ab März im FIB auf und die Paare balzen. Legebeginn ist ab Mitte April.,
Verluste: Mit dem Entzug des Wassers von den Polderwiesen ab Mitte April werden viele Bruten aufgegeben bzw. sie gehen durch Prädation verloren.
Anmerkungen: Der Wiesenpieper führt Ersatzbruten durch.
Rohrammer Emberiza schoeniclus
Status: Die Rohrammer ist ein verbreiteter Brutvogel im FIB.
Brutbeginn und Brutverlauf. Bei hoher Flutung der Polder im Frühjahr besiedeln die Rohrammern
erhöhte Landrücken und Deichränder. Legebeginn ist ab Mitte April.
Verluste: Mit dem Abpumpen des Wassers geben die meisten Brutpaare ihre Gelege auf bzw. sie gehen durch Prädation verloren.
Anmerkungen: Auf den trockengefallenen Polderwiesen führen Rohrammern Ersatzbruten durch.
Tab. 1 zeigt zusammengefasst den Brutbeginn, den Brutverlauf und die Abwanderung bei Verlusten des Geleges bei den betroffenen Vogelarten im FIB, die in eine ökologische Brutfalle durch das Schließen der Einlassbauwerke und Abpumpen der Polder Mitte April geraten. Die Angaben lassen sich auf einige weitere Arten erweitern, die davon betroffen sind, z. B. Stockente Anas platyrhynchos , Rohrdommel Botaurus stellaris, Rohrweihe Circus aeruginosus, Austernfischer Haematopus ostralegus, Großer Brachvogel Numenius arquata , Zwergmöwe Hydrocoloeus minutus, Zwergseeschwalbe Sternula albifrons und Flussseeschwalbe Sterna hirundo. Als ehemaliger Brutvogel gehört auch der Kampfläufer Philomachus pugnax in diese Gruppe.
Diskussion
Um die Auswirkungen der ökologischen Brutfalle auf die Vogelwelt zu verringern und ganz zu beseitigen, sind naturnahe Maßnahmen dringend erforderlich, z. B. durch eine längst überfällige Überschwemmungsgebietsverordnung. Gegenwärtig bestimmt immer noch ökonomisches und nicht ökologisches Handeln das Geschehen im FIB. Die nachteiligen Auswirkungen des bisher praktizierten Flutungsregimes auf Wat- und Wasservögel sind darin begründet, dass mitten in der Brutzeit, in der Regel bei der Bebrütung des Geleges, das Brutgeschäft abrupt unter- oder abgebrochen wird. Einige Beispiele veranschaulichen die Verhältnisse in“Normaljahren” und in“Nassjahren”. Schwergewicht wird dabei auf die letzten 10 Jahre gelegt.
- 1966: Mitte April sind optimale Wasserstandsverhältnisse im FIB vorhanden. Mit dem Schließen der Bauwerke und dem Abpumpen des Wassers fallen die Polderwiesen frei. Starke Brutverluste gibt es z. B. beim Blässhuhn, bei Gründelentenarten. Auf Bodenerhebungen, Kieswegen und Deichen liegen hunderte Eischalenteile umher. Viele Brutvögel wandern ab(DITTBERNER& DITTBERNER 1968).
- 1979: In diesem“Nassjahr” bleiben Polderwiesen bis Ende Mai überschwemmt. Durch nunmehr intensives Abpumpen der Flutungspolder gibt ein