Dittberner: Das FIB Unteres Odertal- eine ökologische Brutfalle? 17
schlossen und das Wasser abgepumpt. Große Gründelentenscharen u. a. Wasservögel verlassen das FIB. Es gibt nur wenige ansiedlungswillige Wat- und Wasservögel. Die Stromoder führt noch bis weit in den Sommer hinein hohes Wasser und das Odervorland ist überschwemmt. Eine leichte Flutung der am niedrigsten gelegenen Polderwiesen wäre für viele Feuchtgebietsarten, z. B. Kiebitz, Uferschnepfe, Spieß-, Löffel-, Knäkente, eine Möglichkeit zum Brüten gewesen.
- 1996: Das Frühjahr nimmt eine Sonderstellung ein. Trotz anhaltend hohem Frühjahrshochwasser wird im FIB Mitte April damit begonnen, das Wasser abzupumpen. Restwasserflächen bleiben bis Anfang Mai und es siedeln sich bis zu diesem Zeitpunkt z. B. 53 BP Schwarzhalstaucher und ca. 3.000 BP Lachmöwen an. Durch weiteres Wasserabpumpen gehen diese und viele andere Bruten von Watund Wasservögeln zugrunde. Mit einer totalen Neuüberflutung der Polder A und B am 25. Mai werden außer baumbrütenden Vogelarten alle anderen Vogelbruten vernichtet. Während dieser späten Flutungsperiode siedeln sich Anfang Juni 2 Paare Zwergmöwen, 1 Paar Weißflügelseeschwalben und 4 Paare Weißbartseeschwalben als neue brandenburgische Brutvögel an(DITTBERNER& DITTBERNER 1996). Außerdem bilden sich Brutkolonien von Schwarzhalstaucher(20 BP), Trauerseeschwalbe (von vordem 130 BP machte ein Teil Nachgelege), Lachmöwe(ca. 1.000 BP) und Flussseeschwalbe(20 BP) heraus. Bereits Mitte Juni wird das Wasser wieder aus den Poldern abgepumpt und alle Bruten werden zerstört. Auf den verbleibenden Sumpfwiesen gibt es ca. 70 Rufer des Tüpfelsumpfhuhns.
- 1997: Bei mittlerem Hochwasser werden die Bauwerke bereits am 7. April geschlossen. Die Ansiedlungsmöglichkeiten von Wat- und Wasservogelarten sind stark eingeschränkt. Viele Vögel wandern ab, z. B. Uferschnepfe, Kampfläufer, Spießente, Tüpfelsumpfhuhn. Andere unternehmen einen Brutversuch, z.B. 30 Paare Schwarzhalstaucher. Von ca. 1.000 BP der Lachmöwe haben ca. 80 Erfolg.
- 1998: Die Bauwerke werden am 15. April bei mittlerem Hochwasser geschlossen. Im kühlen, niederschlagsreichen Frühjahr gibt es große Nassflächen bis in den Mai hinein. Außerdem sind im Wasserhaushalt noch die Auswirkungen des Sommerhochwassers 1997 spürbar. Doch erweist sich das FIB auch in diesem Jahr als Brutfalle für Wat- und Wasservögel. Durch kurzfristiges Abpumpen der Polderflächen Anfang Mai gibt es hohe Brutverluste, z. B. Totalverluste bei 30 BP Rothalstaucher, ca. 120
BP Schwarzhalstaucher, ca. 20 BP Höckerschwan und ca. 3.000 BP Lachmöwe.
- 1999: Bei einem starken mittleren Hochwasser zeichnet sich ein ähnliches Bild wie im Vorjahr ab. In die Brutfalle geraten wiederum 15 BP Rothalstaucher, ca. 30 BP Schwarzhalstaucher, ca. 20 BP Höckerschwan, ca. 830 BP Lachmöwe, Tüpfelsumpfhuhn, Kiebitz, Rotschenkel u. a.
- 2000: Da nach dem Schließen der Bauwerke nur noch geringe Restwasserflächen vorhanden sind, siedeln weniger Wat- und Wasservögel im FIB. Brutverluste erleiden 7 BP Rothalstaucher, 23 BP Schwarzhalstaucher. Lachmöwen fehlen als Brutvögel. Gering sind die Brutpaarzahlen z.B. von Trauerseeschwalbe und Rotschenkel.
- 2001: Ausgedehnte Restwasserflächen bleiben bis Anfang Mai erhalten. Dann erfolgt intensives Wasserabpumpen. Totalverluste erleiden z. B. 30 BP Schwarzhalstaucher, 20 BP Höckerschwan, 300 BP Lachmöwe.
- 2002: In die Brutfalle geraten verhältnismäßig wenige Feuchtgebietsbewohner, z. B. 10 BP Rothalstaucher, von 34 Schwarzhalstauchern unternehmen Anfang Mai nur 5 BP einen Brutversuch.
- 2003: Im FIB werden die Bauwerke Mitte April geschlossen. Bereits Ende des Monats ist das Wasser unter Flur abgepumpt. Auf den derart ausgetrockneten Polderflächen kommt es zum totalen Brutausfall verschiedener Wiesenvögel, z. B. Kiebitz, Rotschenkel, Knäkente, Löffelente. Der Bestand des Seggenrohrsängers ist sehr gering. Die frühe Wiesenmahd führt außerdem zu Bestandsverlusten z. B. bei Wachtelkönig, Bekassine, Wiesenschafstelze, Wiesenpieper, Schilfrohrsänger. Gänzlich ohne Bruterfolg bleiben die Trauerseeschwalben.
- 2004: Erstmals seit dem Beobachtungsbeginn 1966 wird dass Einlassbauwerk“Steinwurf” bei Stützkow bereits am 19. März und nicht wie bisher Mitte April geschlossen. Mit der frühen Schließung und einem anschließend verlängerten Offenhalten der übrigen Deichöffnungen bis Anfang Mai, soll der Unterhaltungsaufwand der Deiche verringert werden. Durch die Schließung des Einlassbauwerks wird der Schwemmguttransport in die Polder und die Ablagerung an den Deichen verhindert. Diese Maßnahme wird aus Sicht des Hochwasserschutzes und aus Kostengründen vom Landesumweltamt realisiert. Die naturschutzfachlich herausragende Bedeutung des Gebietes als FIB findet keine Berücksichtigung. Ein Schließen von Einlassbauwerken führt zu massivem Lebensraumverlust für aquatische und semiaquatische Organismen.