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Band 13 Sonderheft
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Otis 13(2005), Sonderheft

Am 18.6. wurde die Rohrglanzgraswiese, auf der sich das Nest befand, gemäht. Durch Vertragsnatur­schutz gelang es, die Brut des Weibchens vor der Zerstörung zu retten. Dazu war vorher eine cirka 50x 100 m große Fläche markiert und von der Mahd ausgenommen worden. Außerdem blieb öst­lich davon eine kleinere Fläche um eine Nassstelle herum ungemäht.

An diesem Tag brütete das Weibchen durchgängig bis 6.35 Uhr. Offensichtlich noch während der üblichen morgendlichen Brutpause begann um ca. 9 Uhr die Mahd der umliegenden Flächen. Das Weibchen befand sich damit zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Nest. Während der Mahd lief es, wie die Ortungen zeigten, schnell und scheinbar unge­richtet in der stehen gebliebenen Restfläche umher und ging erst um 11.40 Uhr wieder auf das Nest, nachdem die Mahd in der Nestumgebung abge­schlossen war. Insgesamt war das Weibchen somit für fünf Stunden und 10 Minuten nicht auf dem Nest(Abb. 4).

Am 21.6. war das Weibchen nochmals für gut vier Stunden nicht auf dem Gelege. Möglicherweise fand zu diesem Zeitpunkt die Bergung des Mähgutes statt. Das Wenden am Vortag wurde von uns beglei­tet, störte das Weibchen aber offensichtlich nur wenig, da es das Nest nur kurzzeitig verließ. Da die Jungen bis auf eins erfolgreich schlüpften(s. u.), hatten diese Störungen offenbar keine negativen Folgen für das Gelege.

Das Weibchen saß im Regelfall sehr fest auf sei­nem Gelege. Bei notwendigen Nestkontrollen ver­ließ das brütende Weibchen sein Nest meist erst, wenn der Bearbeiter unmittelbar am Nest stand. Während freiwilliger Brutpausen zog das Weibchen feinste Grashalme als Sichtschutz über das Nest. Zusätzlich zu der ansonsten bereits guten Deckung war das Nest dann aus der Luft nicht einsehbar. Während der Nahrungssuche entfernte sich das Tier meist nicht weit vom Nest. So lagen 17 von 30 Ortungen während einer Brutpause in einem Radius von 30 m um das Nest, zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch STowE& HUDson(1991). Allerdings war der Aktionsraum unseres Weibchens durch die Begrenzung auf die Restfläche und mögliche Randeffekte eingeengt(Abb. 5). Während der Lege- und Brutphase wurde ein Aktionsraum von insgesamt 0,6 ha Größe festge­stellt. In anderen Untersuchungen wurden Aktions­räume von 1 ha(STowE& HuDson 1991) und 1,49 ha(TYLER 1996) ermittelt.

Jungenaufzucht

Am 3.7. schlüpften 10 Küken, das 11. Ei enthielt einen fast schlupfreifen abgestorbenen Jungvogel. Am 6.7. und damit 3 Tage nach dem Schlupf konn­ten noch mind. 9 Jungvögel beobachtet werden. Die Familie hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die von der Mahd ausgesparte Fläche verlassen und besie­delte einen schmalen Schilfstreifen 240 m entfernt vom Nest. Die Wanderleistung der jungen Küken liegt damit ungewöhnlich hoch(TYLER et al. 1998), basiert aber möglicherweise auf der Form und Größe der nicht mitgemähten Randstrukturen. In den Folgetagen bis zur Trennung vom Weibchen hielten sich die Tiere fast ausschließlich in der angrenzenden feuchten und vollständig mit Kräutern bewachsenen Senke auf(Abb. 5). Auch andere Flächen mit Weibchennachweisen im Unte­ren Odertal wiesen stets krautreiche und damit möglicherweise insektenreiche Senken auf. Somit könnte das Vorhandensein solcher Strukturen für die Wahl einer Brutfläche von großer Bedeutung sein.

Während der ersten 14 Lebenstage entfernen sich junge Wachtelkönige nur wenige Meter vom Weibchen(TYLER et al. 1998, eigene Beob.). Wir beobachteten im Alter von 13 Tagen noch Jungvögel in der Nähe des Alttieres, am 18. Lebenstag war aber beim erneuten Fang des Weibchens bereits kein Jungvogel mehr in dessen Nähe. Spätere Beobach­tungen der Jungvögel gelangen nicht mehr. Junge Wachtelkönige werden mit etwa 2 Wochen selbst­ständig(GLUTZ VON BLOTZHEIM et al.1973). Bis zu die­sem Zeitpunkt war die Aufzucht der Jungvögel damit erfolgreich. Während der gesamten Zeit des Jungeführens besiedelte die Familie eine Fläche von nur 0,9 ha, was mit der Flächenangabe von STOWE& HuDson(1991) identisch ist, aber weit unter der Angabe von 3,52 ha(TYLER 1996) liegt. Über den Flächenbedarf von Wachtelkönigfamilien in unter­schiedlichen Lebensräumen ist allerdings noch nicht genug bekannt, um diese Unterschiede zu erklären.

Mauser Wachtelkönige vollziehen im Herbst eine Vollmau­ser. Dabei sind sie mindestens 10 Tage lang flugun­fähig(SCHÄFFER 1999). Am 6.8. wurde das Weibchen mit gerade frisch nachwachsenden Handschwingen gefangen.

Damit ist der Mauserzeitraum des Tieres bekannt. Während der Mauser besiedelte das Weibchen den bereits erwähnten Schilfsaum und die Senke und