Heft 
Band 14
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Aktuelles aus der Staatlichen Vogelschutzwarte

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ken, was spätestens bei unabgestimmten Horstbe­suchen sehr schwierig ist. So wurden wiederholt Personen in Horstbereichen angetroffen, die detail­lierte Karten mit eingetragenen Horsten bei sich hatten. Solche Karten entstehen u.a. in der oben beschriebenen Weise.

» Störungen an Horsten stellen einen Verstoß gegen $ 42 Bundesnaturschutzgesetz dar, zudem besteht aber auch regelmäßig Straftatverdacht hinsichtlich Diebstahl von Eiern oder Jungvögeln.

* Auch wenn sich solche Verdachtsmomente nicht bestätigen, sind Zwischenfälle dieser Art durch Vogelfreunde in jeder Hinsicht problematisch: Zunächst sind sie oft mit Störungen verbunden. Für Waldbesitzer, Förster usw. ist es dabei schwierig, zwischen Naturschutzmitarbeitern und Schau­lustigen zu unterscheiden. So wird das manchmal über Jahre mühsam hergestellte Vertrauensver­hältnis zwischen dem Naturschutz und den Land­nutzern untergraben. In Revieren, in denen es ohne­hin Probleme gibt, z.B. durch die Art der Wald­bewirtschaftung, sind Störungen durchVogel­freunde ein willkommener Anlass, von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Ein unüberschaubar gro­ßer Kreis von Personen, die einen Horst einer besonders seltenen Art kennen, macht jeglichen koordinierenden Einfluss unmöglich.

Aus den genannten Gründen ist noch einmal an alle Ornithologen und Vogelfreunde zu appellieren, die Brutplätze von Vögeln vor allem seltener Arten nicht gezielt aufzusuchen, dadurch Störungen zu vermeiden und nicht mit den bestehenden Betreu­ungsstrukturen zu kollidieren. Sofern tatsächlich neue Brutreviere entdeckt werden, sollte umgehend einer der Regionalkoordinatoren des Landesum­Weltamtes, die Staatliche Vogelschutzwarte oder die Naturschutzstation Woblitz verständigt werden. Die Koordinatoren sind A. Stein für die Region Frank­ furt (Oder ), B. Litzkow für den Raum Cottbus und Martina Thoms für den Bereich Potsdam . Die meis­ten seltenen Großvogelarten- bis auf den Uhu viel­leicht- lassen sich ohne zu stören abseits der Brut­plätze besser beobachten!

Dramatisch ist der gegenwärtige Bestandsein­bruch beim Schreiadler: Nachdem über vier Jahre stabile 27 Brutpaare in Brandenburg erfasst wur­den, sank die Zahl im Jahr 2005 auf 23 und 2006 auf nur noch 20 Paare. Gegenüber dem Bestand im Jahr 1994 sind dies nur noch 61%! Angesichts intensiver gemeinsamer Bemühungen von Forstwirtschaft und Naturschutz unter Einbeziehung von Waldbe­

sitzern und Jägern innerhalb des letzten Jahrzehn­tes ist dies besonders bedauerlich. Die Ursachen dürften zumindest zum Teil außerhalb des Brutge­bietes zu suchen sein, u.a. durch menschliche Ver­folgung, vor allem am Ostrand des Mittelmeeres. Dafür spricht, wenn Reviere einfach im Frühjahr nicht mehr besetzt werden, weil die Vögel nicht aus Afrika zurückkehren. In einem fünfjährigen Projekt, das die Deutsche Wildtierstiftung gemein­sam mit dem Landesumweltamt Brandenburg und weiteren Partnern durchführt und welches durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) kofi­nanziert wird, soll die Anzahl der flügge werdenden Jungvögel im nordostdeutschen Verbreitungsgebiet erhöht werden. Dies erfolgt durch Umgehung des sogenannten obligaten Kainismus, d.h. das Um­kommen des jeweils zweitgeborenen Nestlings durch Unterdrückung durch den Ersten. Umfang­reiche Vorüberlegungen und dreijährige Praxiser­probungen gingen dem voraus. Die genannten Maß­nahmen erfolgen parallel zu allen übrigen laufen­den Schutzbemühungen, die allerdings nicht den Mangel an ansiedlungswilligen Vögeln beheben können. Da die anzunehmende Ursache dieses Indi­viduenmangels- erhöhte Mortalität auf den Zugwe­gen- nicht kurzfristig zu ändern ist, kann das Pro­jekt zwangsläufig zunächst nur darauf abzielen, die akute Gefahr des Verschwindens des Schreiadlers aus Deutschland zu bannen. Parallel dazu gibt es Bemühungen auf verschiedenen Ebenen, den Schutz von Greifvögeln auf ihren Zugwegen zu verbessern.

Weitere Fortschritte gibt es beim 1990 gestarteten Wiederansiedlungsprojekt für die Baumbrüter­population des Wanderfalken, an dem mittlerwei­le eine ganze Reihe von Einrichtungen beteiligt ist: + Landesumweltamt Brandenburg(Naturschutz­station Woblitz, Staatliche Vogelschutzwarte ) + Arbeitskreis Wanderfalkenschutz e.V. » Deutscher Falkenorden e.V. + Landesjagdverband Mecklenburg- Vorpommern (seit 1996) * Biosphärenreservat Mittlere Elbe(seit 2001) + Biologischer Arbeitskreis Luckau und Oberförste­rei Luckau(seit 2005) + Oberförsterei Lieberose (seit 2006) + Polnische Projektpartner(seit 1990, Projekt der­zeit ruhend).. Im Jahr 2006 stieg die Zahl besetzter Reviere auf 15, wovon sich elf in Brandenburg befinden und vier in Mecklenburg-Vorpommern . Die Annahme einer Dunkelziffer wird inzwischen dadurch gestützt,