Heft 
Band 15
Seite
75
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Hoffmann& Kiesel: Vogelindikator der Agrarlandschaft

der Untersuchungsflächen und denen der gesamten Agrarlandschaft des Landes besteht, jedoch auch bestimmte Landschaftsmosaiktypen über- bzw. unterrepräsentiert sind. Zu unterrepräsentierten Ge­bieten zählen z.B. Areale, die durch einen hohen Anteil an Gebäuden und baulichen Anlagen struktu­riert sind(Agrarlandschaftsmosaiktypen 2.1.1 und 2.2.1). Überrepräsentiert sind gering strukturierte bis ausgeräumte Agrarlandschaftstypen(Agrar­landschaftsmosaiktyp 2.1.6). In der Hochrechnung zur Ermittlung der Schätzwerte der Populationen sind daher Brutvogelarten mit vornehmlicher Habi­tatbindung an offene, ausgeräumte Agrarland­schaftsstrukturen, z.B. Feldlerche, vermutlich zu hoch bewertet worden, Arten mit Bindung an Siedlungs­strukturen, z.B. Haussperling, Mehlschwalbe, Grün­fink, zu niedrig. Das entwickelte Monitoringdesign sowie das Hochrechnungsverfahren sollten daher für eine zukünftige Verbesserung der Bestandsschät­zungen in Richtung der Sicherung von Flächen­proportionalität bei zugleich ausreichend großem Stichprobenumfang, weiterentwickelt werden.

Im Vergleich zu dem als Vogelindikator der Agrar­landschaft verwendeten Populationsindex in ACHT­ZIGER et al. (2004) und PECBM(2006), dessen Zahl­werte indirekte Rückschlüsse auf Veränderungen von Meta- und lokalen Populationen zulassen, sind mit dem auf Abundanzen beruhenden Vogelin­dikator direkte Rückschlüsse möglich. Dargestellte Indexwerte in ACHTZIGER et al. (2004) und PECBM (2006) zeigen sowohl in Deutschland als auch in der EU für die landwirtschaftlichen Gebiete seit 1990 weder einen positiven noch einen negativen Trend des Indikators. Diese Aussage steht jedoch im Kontrast zur Populationsentwicklung vieler der typi­schen Feldvogelarten, z.B. von Rebhuhn, Bluthänfling und Kiebitz, die drastische Bestandsrückgänge hin­nehmen mussten. Als Folge zunehmender Intensi­vierungen auf ertragreichen Böden sowie teilweise noch mangelnder Effizienz von Agrarumweltmaß­nahmen(KLEyN et al. 2001, KLEIN& SUTHERLAND 2003), haben tendenziell die Populationen einer grö­ßeren Anzahl der Feldvogelarten negative Bestands­entwicklungen. Dieser Trend könnte sich zukünftig mit Zunahme des Flächenanteils von Intensivkultu­ren für die Erzeugung von Energiepflanzen, aktuell besonders von Raps und Mais, verstärken. Mit der ab 2008 zu erwartenden Reduktion der Ackerbrachen ist ferner für einige Offenlandarten, die in den Jahren nach 1990 von den Bracheflächen profitiert haben, z.B. Grauammer, Feldlerche und Braunkehlchen, mit deutlichen Bestandsrückgängen zu rechnen, was sich

in einer Verschlechterung des Zielerreichungsgrades des Vogelindikators widerspiegeln kann.

Ein Vorzug des abundanzbasierten Vogelindika­tors der Agrarlandschaft besteht in der Möglichkeit, Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Verände­rungen der Siedlungsdichten der Brutvögel und der landwirtschaftlichen Nutzungen näher analysieren zu können, insbesondere wenn langjährige Daten­reihen verfügbar werden. Unter Nutzung der Kennt­nisse über die Habitatansprüche der Indikatorvo­gelarten ließen sich ferner Empfehlungen für zielge­richtete Naturschutzmaßnahmen ableiten. Die über die Indikatorarten abgebildete, regional differen­zierte Situation der Lebensraumbedingungen für Brutvögel macht andererseits aber auch deutlich, dass entsprechend dem Mosaik-Indikatorenkon­zept(HOFFMANN& GREEF 2003) die Vielgestaltigkeit der Agrarlandschaften regional unterschiedliche Zielwerte des Vogelindikators erfordern kann. Aufgeführte Zielwerte der Indikatorvogelarten bil­den somit zunächst einen ersten Bezugswert für die Bewertung der Habitatqualität in der Agrarland­schaft und könnten modifiziert sowie regional dif­ferenziert untersetzt werden.

Abschließend sei vermerkt, dass mit dem ent­wickelten Vogelindikator der relative Zustand der Lebensraumbedingungen der Brutvogelarten der Agrarlandschaft dargestellt werden kann, festge­stellte Bestandsveränderungen von 2005 zu 2006 jedoch noch keine ursächlichen Zusammenhänge zu möglichen Veränderungen der landwirtschaft­lichen Nutzungen in hinreichendem Maße erlau­ben. So kann z.B. der 2006 beobachtete starke Popu­lationseinbruch einiger Standvögel und Kurz­streckenzieher, z.B. Rückgänge von Aaskrähe um 71%, Rotkehlchen um 65% und Zaunkönig um 60%(HOFFMANN et al. 2007) auf Witterungsfak­toren, hier der lang anhaltenden Winterperiode mit vermuteten Nahrungsengpässen für diese Arten zu­rückgeführt werden. Zudem zeigen sich bei Kurz-, Mittel- sowie Langstreckenziehern unterschiedlich gerichtete Populationsschwankungen, deren Ursa­chen u.a. auch in den Bedingungen in den Über­winterungsgebieten sowie während des Zuges zu suchen sind. Um Effekte der landwirtschaftlichen Nutzungen gesichert belegen zu können, bieten sich daher zunächst Vergleiche der Artenvielfalt und der Besiedlungsdichten zwischen ähnlich strukturier­ten jedoch unterschiedlich genutzten Untersu­chungsflächen an. Darüber hinaus wäre jedoch eine Fortsetzung des begonnenen Monitorings erforder­lich, um Trends der Vogelpopulationen, die aus