Hoffmann& Kiesel: Vogelindikator der Agrarlandschaft
der Untersuchungsflächen und denen der gesamten Agrarlandschaft des Landes besteht, jedoch auch bestimmte Landschaftsmosaiktypen über- bzw. unterrepräsentiert sind. Zu unterrepräsentierten Gebieten zählen z.B. Areale, die durch einen hohen Anteil an Gebäuden und baulichen Anlagen strukturiert sind(Agrarlandschaftsmosaiktypen 2.1.1 und 2.2.1). Überrepräsentiert sind gering strukturierte bis ausgeräumte Agrarlandschaftstypen(Agrarlandschaftsmosaiktyp 2.1.6). In der Hochrechnung zur Ermittlung der Schätzwerte der Populationen sind daher Brutvogelarten mit vornehmlicher Habitatbindung an offene, ausgeräumte Agrarlandschaftsstrukturen, z.B. Feldlerche, vermutlich zu hoch bewertet worden, Arten mit Bindung an Siedlungsstrukturen, z.B. Haussperling, Mehlschwalbe, Grünfink, zu niedrig. Das entwickelte Monitoringdesign sowie das Hochrechnungsverfahren sollten daher für eine zukünftige Verbesserung der Bestandsschätzungen in Richtung der Sicherung von Flächenproportionalität bei zugleich ausreichend großem Stichprobenumfang, weiterentwickelt werden.
Im Vergleich zu dem als Vogelindikator der Agrarlandschaft verwendeten Populationsindex in ACHTZIGER et al. (2004) und PECBM(2006), dessen Zahlwerte indirekte Rückschlüsse auf Veränderungen von Meta- und lokalen Populationen zulassen, sind mit dem auf Abundanzen beruhenden Vogelindikator direkte Rückschlüsse möglich. Dargestellte Indexwerte in ACHTZIGER et al. (2004) und PECBM (2006) zeigen sowohl in Deutschland als auch in der EU für die landwirtschaftlichen Gebiete seit 1990 weder einen positiven noch einen negativen Trend des Indikators. Diese Aussage steht jedoch im Kontrast zur Populationsentwicklung vieler der typischen Feldvogelarten, z.B. von Rebhuhn, Bluthänfling und Kiebitz, die drastische Bestandsrückgänge hinnehmen mussten. Als Folge zunehmender Intensivierungen auf ertragreichen Böden sowie teilweise noch mangelnder Effizienz von Agrarumweltmaßnahmen(KLEyN et al. 2001, KLEIN& SUTHERLAND 2003), haben tendenziell die Populationen einer größeren Anzahl der Feldvogelarten negative Bestandsentwicklungen. Dieser Trend könnte sich zukünftig mit Zunahme des Flächenanteils von Intensivkulturen für die Erzeugung von Energiepflanzen, aktuell besonders von Raps und Mais, verstärken. Mit der ab 2008 zu erwartenden Reduktion der Ackerbrachen ist ferner für einige Offenlandarten, die in den Jahren nach 1990 von den Bracheflächen profitiert haben, z.B. Grauammer, Feldlerche und Braunkehlchen, mit deutlichen Bestandsrückgängen zu rechnen, was sich
in einer Verschlechterung des Zielerreichungsgrades des Vogelindikators widerspiegeln kann.
Ein Vorzug des abundanzbasierten Vogelindikators der Agrarlandschaft besteht in der Möglichkeit, Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Veränderungen der Siedlungsdichten der Brutvögel und der landwirtschaftlichen Nutzungen näher analysieren zu können, insbesondere wenn langjährige Datenreihen verfügbar werden. Unter Nutzung der Kenntnisse über die Habitatansprüche der Indikatorvogelarten ließen sich ferner Empfehlungen für zielgerichtete Naturschutzmaßnahmen ableiten. Die über die Indikatorarten abgebildete, regional differenzierte Situation der Lebensraumbedingungen für Brutvögel macht andererseits aber auch deutlich, dass entsprechend dem Mosaik-Indikatorenkonzept(HOFFMANN& GREEF 2003) die Vielgestaltigkeit der Agrarlandschaften regional unterschiedliche Zielwerte des Vogelindikators erfordern kann. Aufgeführte Zielwerte der Indikatorvogelarten bilden somit zunächst einen ersten Bezugswert für die Bewertung der Habitatqualität in der Agrarlandschaft und könnten modifiziert sowie regional differenziert untersetzt werden.
Abschließend sei vermerkt, dass mit dem entwickelten Vogelindikator der relative Zustand der Lebensraumbedingungen der Brutvogelarten der Agrarlandschaft dargestellt werden kann, festgestellte Bestandsveränderungen von 2005 zu 2006 jedoch noch keine ursächlichen Zusammenhänge zu möglichen Veränderungen der landwirtschaftlichen Nutzungen in hinreichendem Maße erlauben. So kann z.B. der 2006 beobachtete starke Populationseinbruch einiger Standvögel und Kurzstreckenzieher, z.B. Rückgänge von Aaskrähe um 71%, Rotkehlchen um 65% und Zaunkönig um 60%(HOFFMANN et al. 2007) auf Witterungsfaktoren, hier der lang anhaltenden Winterperiode mit vermuteten Nahrungsengpässen für diese Arten zurückgeführt werden. Zudem zeigen sich bei Kurz-, Mittel- sowie Langstreckenziehern unterschiedlich gerichtete Populationsschwankungen, deren Ursachen u.a. auch in den Bedingungen in den Überwinterungsgebieten sowie während des Zuges zu suchen sind. Um Effekte der landwirtschaftlichen Nutzungen gesichert belegen zu können, bieten sich daher zunächst Vergleiche der Artenvielfalt und der Besiedlungsdichten zwischen ähnlich strukturierten jedoch unterschiedlich genutzten Untersuchungsflächen an. Darüber hinaus wäre jedoch eine Fortsetzung des begonnenen Monitorings erforderlich, um Trends der Vogelpopulationen, die aus