Otis 15(2007): 101-102
Molekulargenetische Untersuchungen zum Paarungssystem und Fortpflanzungserfolg beim Trauerschnäpper
(Ficedula hypoleuca)
Diplomarbeit im Studiengang Biologie am Lehrstuhl Evolutionsbiologie/Spezielle Zoologie
Arndt Wellbrock
Vaterschaften außerhalb des Paarbundes(extrapair paternity; EPP) sind ein weit verbreitetes Phänomen unter sozial monogamen Singvögeln. Durchschnittlich werden mehr als 11% der Nachkommen außerhalb des Paarbundes gezeugt, und in fast 19% der Bruten findet sich mindestens ein Fremdjunges. Viele verschiedene Hypothesen zu Funktionen von Fremdvaterschaften wurden in der Vergangenheit aufgestellt: Diese reichen u.a. von der Absicherung gegen geringe Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit des Partners über die Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Nachkommen durch größere genetische Vielfalt oder genetische Kompatibilität bis hin zur Steigerung der“genetischen Qualität” der Nachkommen. Oft ermöglichen dabei sekundäre Geschlechtsmerkmale(Ornamente) der Männchen, wie zum Beispiel eine auffällige Gefiederfärbung, den Weibchen, ihre Sexualpartner indirekt hinsichtlich ihrer genetischen Eigenschaften zu vergleichen. Um jedoch die Funktion eines Seitensprunges bestimmen zu können, ist neben dem Vergleich von betrügenden und betrogenen Männchen vor allem entscheidend, inwieweit sich im selben Nest Nachkommen, die innerhalb des Paarbundes gezeugt wurden(within-pair young; WPY), von ihren Halbgeschwistern, die außerhalb des Paarbundes(extra-pair young; EPY) gezeugt wurden, unterscheiden. Bisher gibt es nur wenige Studien, die sich gleichzeitig mit diesen zwei genannten Vergleichen befassen. Die hier vorgestellte Diplomarbeit liefert Hinweise zu beiden Aspekten am Beispiel der Trauerschnäpperpopulation des Parks Sanssouci in Potsdam .
Dort wurden im Rahmen des“Trauerschnäpperprojektes” von Mitte April bis Mitte Juli 2005 brutund verhaltensbiologische Beobachtungen an 15
Bruten aufgenommen. Aus den Vorjahren(2002 bis 2004) konnten Daten und Proben von insgesamt 32 weiteren Bruten in die Auswertung einbezogen werden. Zur individuellen Farbberingung und Bestimmung von Gewicht, Flügel-, Teilfeder- und Tarsuslänge wurden die Altvögel ausschließlich an den Nistkästen gefangen, die Weibchen morgens in der Bebrütungsphase vor dem Ausfliegen oder- wie auch alle Männchen- während der Fütterungsphase mit Hilfe eines am Kasten angebrachten Schiebers aus Plexiglas. Frühestens mit sechs Tagen wurden auch die Nestlinge beringt, vermessen und gewogen. Zum Erstellen des genetischen Fingerabdrucks wurde den Vögeln maximal 60 pl Blut aus der Flügelvene abgenommen. Blutproben aus den Jahren 2003 und 2004, sowie Federproben von einem Teil der Bruten aus 2002 waren bereits vorhanden. Mit Hilfe molekulargenetischer Methoden(Mikrosatellitenanalyse) konnte so der individuelle Genotyp von insgesamt 38 Weibchen, 36 Männchen und 230 Nestlinge aus 47 Bruten erfolgreich bestimmt werden. Dieser wurde genutzt, um zum einen die Häufigkeit von Nachkommen außerhalb des Paarbundes und zum anderen die Identität von fremdgehenden Männchen zu erhalten. Des Weiteren wurde anhand von digitalisierten Fotos der Männchen die Ausprägung sekundärer Geschlechtsmerkmale wie Stirnfleckgröße (Höhe, Breite und Fläche im Verhältnis zum Augenabstand), Stirnfleckkontrast zum umgebenden Kopfgefieder und der Anteil der Schwarzfärbung(siebenstufige Skala nach Drost) beurteilt. Aufnahmen von 32 verschiedenen Männchen aus den Jahren 2002 bis 2005 standen dafür zur Verfügung. Als brutbiologische Kenngrößen wurden Lege- und Schlupfbeginn mit Hilfe des Alters des ältesten Nestlings und der Gelegegröße errechnet.