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Einen Vater außerhalb des Paarbundes hatten 22 der 230 untersuchten Nestlinge(9,6%), und neun der 47 untersuchten Bruten(19,1%) enthielten mindestens ein Fremdjunges. Zwischen 14%(einer von sieben) und 83%(fünf von sechs) der Jungen einer Brut mit EPY stellten Fremdnestlinge dar. Die Väter von zwei der 22 Fremdjungen konnten nicht im Datensatz gefunden werden, sind somit unbekannt. Bei Zweidrittel der Bruten mit Nachkommen außerhalb des Paarbundes(sechs von neun) gab es nur einen Fremdvater, bei zwei Bruten waren es zwei fremdgehende Männchen und bei einer Brut sogar drei. Zwei der insgesamt acht als Fremdgeher identifizierten Männchen gingen innerhalb eines Jahres mehrfach fremd, aber keines der acht in verschiedenen Jahren. Ein Männchen wurde in zwei aufeinander folgenden Jahren betrogen; ein anderes ging in einer Brutsaison fremd und hatte jedoch in der darauf folgenden selbst Junge von einem Fremdvater im Nest. Es konnte nicht belegt werden, dass Bruten von betrogenen und fremdgehenden Männchen in direkter Nachbarschaft zueinander lagen. Signifikant höher war der Anteil an Bruten mit EPY bei polygynen Männchen(vier von vier; 100%) im Vergleich zu monogamen Männchen (fünf von 39; 13%). Nur die Sekundärbruten aller polygyn verpaarten Männchen waren von Fremdvaterschaften betroffen.
Hinsichtlich sekundärer männlicher Geschlechtsmerkmale wurde festgestellt, dass Männchen mit
_Otis 15(2007)
EPY einen größeren Stirnfleck als Männchen ohne Nachkommen außerhalb des Paarbundes ausbildeten, während sich in Gefiederfärbung, Stirnfleckkontrast und Körpergröße kein Unterschied nachweisen ließ. Außerdem zeigte ein paarweiser Vergleich von Lege- und Schlupfbeginn der Bruten von fremdgehenden und betrogenen Männchen, dass fremdgehende Männchen signifikant früher mit der Brut begannen als betrogene Männchen. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass Weibchen fremdgingen, um die Kondition ihrer Nachkommen zu erhöhen, stellt der nachgewiesene alterskorrigierte Gewichtsunterschied zwischen EPY und WPY dar. Fremdjunge waren durchschnittlich etwa 3% schwerer als ihre Halbgeschwister. Schließlich wies auch eine signifikante positive Korrelation zwischen der Stirnfleckgröße eines Männchens und dem alterskorrigierten Gewicht seiner Nachkommen in der gesamten Population darauf hin, dass Männchen mit einem vergleichsweise größeren Stirnfleck„gute Gene“ vererben, die zu einer schnelleren Gewichtszunahme bei den Jungtieren führen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse dieser Diplomarbeit dafür sprechen, dass Weibchen des Trauerschnäppers Fremdvaterschaften nutzen, um die„genetische Qualität“ der Nachkommen zu erhöhen, wobei der Stirnfleck der Männchen als konditionsabhängiger Indikator für die Fitness eines Männchens dienen könnte.