Möckel& Wiesner: Wirkung von Windkraftanlagen auf Brut- und Rastvögel 427
sionsverluste(Vögel, Fledermäuse) an den WKA erfasst.
Bei den Brutvögeln wurde kein großflächiges Meiden der WKA festgestellt. Auch die VorherNachher-Vergleiche wiesen keine negativen Veränderungen der Brutvogelfauna auf den Kontrollflächen aus. Singvögel nutzten in Bodennähe ihr Revier(sofern es die konkrete Struktur des Umfeldes der WKA zuließ) ohne Scheu bis in die Nähe des Mastes. Großvögel wahrten meist einen Mindestabstand von 100 m. Nur bei wenigen Arten war eine Entfernung von über 200 m die Regel. Zu den sensibleren Arten zählen möglicherweise Wespenbussard und Ziegenmelker. Der Baumfalke verließ nach Aufstellen der WKA in mehreren Fällen seinen angestammten Brutplatz. Nach zwei bis drei Jahren kehrten die Paare wieder in ihre Reviere zurück.
Diese schnelle Gewöhnung an die WKA führte bei Brutvögeln zu Verlusten durch Vogelschlag. Dies betraf sogar flugerfahrene Altvögel, was dann die Aufgabe der Brut nach sich zog. Aber auch eben flügge Jungvögel verunglückten bei ihren unsicheren Erstflügen durch die Windfelder. Insgesamt wurden 34 tote Vögel in 20 Arten unter den WKA gefunden. Das Artenspektrum reicht von Seeadler, Rotmilan und Weißstorch bis zu Feldlerche, Kohlmeise und Wintergoldhähnchen. Auf Grund dichter und hoher Vegetation bis unmittelbar an die Masten der WKA heran dürfte aber nur ein Bruchteil der Kollisionsopfer gefunden worden sein. Dies traf mit Sicherheit auch auf die kleineren Fledermäuse zu(19 Funde in vier Arten).
Im Gegensatz zu den Brutvögeln wurde bei einigen Durchzüglern und Wintergästen ein Meiden der Windparke festgestellt. Nur Kleinvögel passierten bodennah die WKA oder suchten dort auf dem Boden oder in den Hecken nach Nahrung. Mittelgroße Vögel, wie der Goldregenpfeifer, vielfach aber auch Kiebitz und Großer Brachvogel, wahrten einen Mindestabstand um 300 m zu den WKA. Einige Arten Großvögel zeigten auch zu dieser Zeit keine Scheu. Dazu zählten Turmfalke, Sperber, Mäusebussard, Rotmilan und Kolkrabe. Sehr vorsichtig waren dagegen Gänse und Kraniche. Während sich die Graugans bis zu 250 m den WKA näherte, hielten Saat- und Blessgänse einen Mindestabstand von 500 m, der Kranich von 1.000 m ein. Nur kleinere Trupps unterschritten vereinzelt diese AbstandsWerte. Im Zentrum der Windparke wurden diese Arten nie angetroffen und auch ein Überfliegen fand nur selten statt. In der Regel wichen ziehende Gänse, Kraniche und andere Großvögel den WKA
großräumig aus. Selbst bodennah jagende Greifvögel aus Nordosteuropa , wie Merlin, Kornweihe und Raufußbussard, wurden im Winter im Innern der Windparke nur bei überragend gutem Nahrungsangebot gesehen.
Die WKA beeinträchtigten folglich die Verteilung der Brutvögel in der Niederlausitz nur marginal. Die Brutvögel sind in und um die Windparke aber einer höheren Gefährdung ausgesetzt. Bei stärker betroffenen Arten, wie Weißstorch, Seeadler und Rotmilan, könnte dies zur nachhaltigen Verringerung des Reproduktionserfolgs führen. Dazu kommt die Beeinträchtigung der Rasteignung der Region für nordische Gäste(in erster Linie für Kranich , Gänse, Goldregenpfeifer, Kiebitz, möglicherweise auch Großer Brachvogel, Merlin, Raufußbussard und Kornweihe). Im Falle der Gänse und Kraniche kann dies zu vermehrten Konflikten mit Landwirten auf den nicht mit WKA bebauten Äckern kommen(erhöhtes Schadenspotenzial).
Ausgleichsmaßnahmen für die Errichtung von WKA sollten grundsätzlich außerhalb der Windparke realisiert werden. Dort ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Vögel und Fledermäuse anzustreben, um eine Erhöhung der Nachwuchsrate als Ausgleich für die Defizite in den Windfeldern zu erreichen. Die strenge Vorgabe und Einhaltung von artbezogenen Abstandskriterien ist die tragfähigste Möglichkeit der ökofaunistisch orientierten Standortermittlung bzw.-beurteilung von Eignungsgebieten für WKA. Zum Schutz von Wasservogelarten gehört auch ein Mindestabstand von 2.000 m zu Gewässern mit mehr als 50 ha Wasserfläche(Tagebauseen, Teichgruppen) und vor allem zum Schutz der Fledermäuse ein Abstand von mind. 200 m zu Waldrändern und größeren Gehölzen.
Als vorrangiger Untersuchungsbedarf werden die Wirkung des erwarteten“Repowering” auf Brut- und Gastvögel, vor allem aber hinsichtlich der Entwicklung des Kollisionsrisikos bei verändertem Höhenniveau gesehen. Hierfür sind konkrete, mehrjährige Studien erforderlich. Bezüglich der wertgebenden Brut- und Rastvögel sollten die bisher üblichen kleinräumigen, fallbezogenen Studien durch großräumige Untersuchungen ersetzt werden. Damit fände das Zusammenwirken mehrerer benachbarter Windparke sowie bei zahlreichen Arten der Wechsel von Nahrungsgrund zu Neststandort bzw. Schlafgewässer Berücksichtigung. In weiten. Gebieten der Niederlausitz scheint allein aus diesem Grunde die Aufnahmefähigkeit der Region hinsichtlich des Baus neuer Windparke ausgeschöpft, so dass am ehesten