Heft 
Band 16
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Mädlow& Rudolph: Brutbestand der Haubenlerche in Brandenburg 73

Pestizideinsatz) hat diesen ehemals bedeutenden Lebensraum für die Haubenlerche entwertet (SCHERNER 1996). Die zunehmendeVerstädterung dörflicher Siedlungen(Versiegelung, Abnahme von Brachflächen, intensivere Grünpflege, Suk­zession ungenutzter Flächen) führt zu weiteren Lebensraumverlusten. Diese Tendenz ist in Ostdeutschland noch nicht so ausgeprägt wie in vielen Regionen Westdeutschlands, wo der ländliche Raum kaum mehr Haubenlerchen­Siedlungsgebiet ist. Sie ist aber auch hier spürbar im Vormarsch(Dorfverschönerungsprogramme, vgl. HERFURTH 2000).

In Ostdeutschland begünstigten die großen Stall­anlagen landwirtschaftlicher Produktionsgenos­senschaften das Vorkommen der Haubenlerche im ländlichen Raum. Nach der Wende wurden allerdings viele Anlagen stillgelegt und von Hau­benlerchen aufgegeben. Gewerbegebieteauf der grünen Wiese boten und bieten Ersatz und können über längere Zeit besiedelt bleiben. Maßgeblich dafür sind der Umfang und die Realisierung von Grünordnungsmaßnahmen. Dagegen dürften Ansiedlungen in Neubau-Wohnblocks kaum eine langfristige Perspektive haben, weil diese in der Regel nur eine begrenzte Anzahl von Jahren besiedelt sind. Grünordnungsmaßnahmen werden hier im Gegensatz zu Gewerbegebieten heute sehr zeitnah und mit hoher Bepflanzungsdichte realisiert. Neue Wohnblocks werden kaum mehr gebaut, vielmehr kommt es in vielen Städten im Zug des demographischen Wandels zum Rückbau von Wohnsiedlungen.

Die Haubenlerche ist in Deutschland vom Aussterben bedroht(Süpseck et al. 2007), in Brandenburg ist sie als stark gefährdet eingestuft. Fast ein Viertel der Haubenlerchen Deutschlands brütet in Brandenburg (RysLavy& MäpLow 2008), So dass dem Land eine besondere Verantwortung zum Erhalt der Art auf Bundesebene zukommt. Tatsächlich aber lassen sich für die Haubenlerche kaum Schutzmaßnahmen ergreifen. Es ist in der Praxis nicht durchsetzbar, auf die Gestaltung von Siedlungsgebieten zugunsten der Haubenlerche Einfluss zu nehmen. Selbst eine erhebliche Ex­tensivierung der Landwirtschaft würde der Hau­benlerche angesichts der allgemeinen Land­Schaftseutrophierung in absehbarer Zeit kaum

helfen. Bauprojekte, von denen die Haubenlerche profitiert, sind in vieler anderer Hinsicht für den Naturschutz schädlich._Massentierhaltungen helfen der Haubenlerche, müssen aber aus Tier­und Umweltschutzgründen abgelehnt werden. So werden sich Schutzmaßnahmen lokal auf den Erhalt und die Offenhaltung bekannter Vor­kommensorte konzentrieren müssen. Ein An­satzpunkt bieten dabei belegte und unbelegte Gewerbegebietsflächen, bei deren Gestaltung im Rahmen von Grünordnungsplänen Rücksicht auf die Lebensraumansprüche dieser gefährdeten Art genommen werden sollte.

Aus globaler Sicht ist die Bestandssituation der Haubenlerche unproblematisch. Sie hat den Schwerpunkt ihres Vorkommensgebietes in den Steppen- und Halbwüstenlandschaften Asiens und Afrikas , wo sie wohl nicht gefährdet ist, und ist auch in Südeuropa sehr häufig. Heimische Orni­thologen und andere Naturfreunde aber werden das Verschwinden des früher so häufigen und im doppelten Sinne vertrauten Vogels aus ihrer nächsten Umgebung mit großem Bedauern wahrnehmen.

Literatur

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