Otis 17(2009)
Brutvögel, Struktur und Vegetation in sehr alten Kiefernwäldern Nordostdeutschlands
Diplomarbeit im Studiengang Landschaftsnutzung
und Naturschutz,
Fachhochschule Eberswalde, 2006 Betreuer: Dr. Jens Möller, Dr. Martin Flade
Stefan Püchner
In Nordostdeutschland sind in den letzten Jahrhunderten anstelle der natürlichen Laubwaldgesellschaften, vornehmlich von der Rotbuche geprägt, Ersatzforstgesellschaften getreten. Dies geschah zum einen durch unkontrollierte, intensive Nutzung der Waldböden mit aushagernder Wirkung, wodurch anspruchslosen Pionierbaumarten Vorteile verschafft wurden, zum anderen später durch Einführung der geregelten Forstwirtschaft, die Wälder abschnittsweise in gleichaltrige Reinbestände umgestaltete. Das Ergebnis war ein unnatürlich hoher Anteil der Kiefer(Pinus sylvestris ) an der Waldfläche, der in den 1980ern in Brandenburg 90% betrug(ScHmıpr in ABBO 2001: Die Vogelwelt Brandenburgs .). Diese Kiefernmonokulturen hatten und haben noch immer eine vergleichsweise negative Wirkung auf den Naturhaushalt. Dies äußert sich auch in Form einer augenscheinlich schwach entwickelten Avifauna aufgrund ungenügender Strukturen(s. auch FLADE 1994, Brutvogelgemeinschaften Mittel- ud Norddeutschlands, und ScHMIDT in ABBO 2001). Da sich diese Tatsache auf Reinbestände mit niedriger Umtriebszeit bezieht, stellte sich die Frage, welchen Wert derartige Kiefernbestände aufweisen, wenn sie sehr alt geworden sind.
In dieser Arbeit wurden zur Beantwortung dieser Frage Brutvögel-, Struktur- und Vegetationsdaten zweier sehr alter Kiefernwälder erhoben(Totalreservat Kienhorst/Schorfheide und Senftenhütte). Hierbei wurde dieselbe Methodik angewendet, mit der Winter(2005, Diss. TU Dresden ) und ScHuMACHER(2005, Diss. Univers. Göttingen ) ihre Daten ermittelten, denn so ließen sich deren Ergebnisse über nordostdeutsche Tieflandbuchenwälder mit diesen vergleichen.
Dabei stellte sich heraus, dass sehr alte Kiefernbestände ebenso strukturreich wie Buchenwälder sein können und einer Reihe heimischer Vogelarten einen ersatzweisen Lebensraum anstelle der zurückgedrängten Laubwaldgesellschaften bieten. Es konnten in beiden Untersuchungsgebieten Tieflandbuchenwaldleitarten nach FLiADE(1994, Brutvogelgemeinschaften Mittel- ud Norddeutschlands) nachgewiesen werden, die in den meisten Fällen Strukturreichtum wie Totholz- und Höhlenvorkommen anzeigen, z. B. Gartenbaumläufer und Hohltaube.
Einige für Tieflandbuchenwälder Nordostdeutschlands typische Strukturen fehlen jedoch in sehr alten Kiefernwäldern wie z. B. ausgehöhlte Stämme, die klassischen Hallenstrukturen oder größere Totholzvorkommen, so dass derartige Präferenzen besitzende Laubwaldarten, z.B. Zwergschnäpper, Sumpfmeise, Klein- und Mittelspecht, nicht in den Untersuchungsflächen festgestellt werden konnten. Selbst sehr alte Kiefernwälder können demnach Buchenwälder nicht vollständig ersetzen. Anhand der Vegetationsaufnahmen konnte die potenziell natürliche Vegetation ermittelt werden. So wurde klar, dass sich die Untersuchungsfläche Kienhorst als nahezu echter Kiefernstandort mit schützenswerten, naturnahen Strukturen offenbarte und die Untersuchungsfläche Senftenhütte sich schon in der natürlichen Sukzession hin zum Buchenwald befindet.