Heft 
Band 6 Heft 1/2
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OTIS 6(1998) 1/2: 145-147 145

Zweitbrut beim Turmfalken(Falco tinnunculus ) im Havelland TORSTEN LANGGEMACH

Zweitbruten beim Turmfalken sind in Mitteleuropa bisher relativ selten sicher nachgewiesen worden. Daher scheint ein gut dokumentierter Nachweis aus dem Jahr 1998 erwähnenswert. Durch die Zusammenführung der Beobachtungen verschiedener Ornithologen ergibt sich ein zeitlich weitgehend vollständiger Überblick über die gesamte Reproduktionszeit.

Für die Mitteilung ihrer Daten zum Brutgeschehen im NSG"Havelländisches Luch" danke ich: T. Bich, B. und P. Block, W. Jaschke und T. Ryslavy. Gleichfalls danke ich B: Hartung, U. Hein und G. Klammer für die Bereit­stellung unveröffentlichter Informationen über Zweitbruten beim Turmfalken, ebenso allen Befragten, die zumindest Negativmeldungen übermittelten.

Das Turmfalkenpaar im Nistkasten an einem der Beobachtungstürme im NSG"Havelländisches Luch" begann die Saison mit einer ausgesprochen frühen Brut. Bereits am 28. April waren fünf, ca. fünftägige Jungvögel im Kasten; am 27. Mai verließ der erste der vier noch lebenden Jung­vögel das Nest, tags darauf waren auch alle übrigen ausgeflogen. Es errechnet sich ein Schlupf­datum um den 23. April und ein Legedatum um den 25. März. Die Nestlingszeit war mit etwa 34-35 Tagen recht lang. Bei regelmäßiger Sichtung der Familie im näheren Brutplatzumkreis bahnte sich unbemerkt eine Zweitbrut im selben Kasten an. Etwa. auf den 20. Juni ist der Legebeginn zu datieren, denn am 21. Juli waren wieder kleine Junge im Kasten zu hören. Eine Kontrolle am 24. Juli zeigte die Anwesenheit von drei Jungen, die etwa 4-5 Tage alt waren. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es immer noch Beobachtungen der ersten Jungvögel in der Nähe; bis Anfang Juli hielten diese sich auch in unmittelbarer Brutplatzumgebung auf. Ausflugdatum der Zweitbrut war der 20. August. Zur besseren Übersicht nachfolgend die Chronologie beider Bruten nach bekannten(Fettdruck) und errechneten Daten. Die Berechnung folgt MAKATSCH (1974), der für die Brutdauer"27 bis 31, meist 29 Tage", und für die Nestlingszeit"gewöhnlich 27-30, gelegentlich auch einige Tage länger" nennt. Es ist zu beachten, daß die Rückrechnung nur anhand von Mittelwerten erfolgt und weder der natürlichen Spanne zwischen Ablage des ersten und letzten Eis bzw. Schlupf derselben noch individuellen Abweichungen gerecht wird.

Legedatum der Erstbrut: ca. 25. März Schlupfdatum der Erstbrut: ca. 23. April Ausflugdatum der Erstbrut: 27./28. Mai Legedatum der Zweitbrut: ca. 20. Juni

Schlupfdatum der Zweitbrut: 19./20. Juli Ausflugdatum der Zweitbrut: 20. August

Im Schrifttum gibt es nur wenige belegte Hinweise auf Zweitbruten. Dies dürfte vor allem an den Problemen liegen, die ein sicherer Nachweis bereitet. Hierzu zählt das Fehlen individueller Farbmarkierungen oder sonstiger Kennzeichen als Voraussetzung für die sichere Aussage, daß es sich zweimal um dieselben Individuen handelt. Ein Partnerwechsel nach der ersten Brut ist ohne derartige Individualkennzeichen kaum sicher auszuschließen. So versieht auch SIEGNER (1995) seine Beobachtungen über vier verschiedene Zweitbruten des Turmfalken mit einem Fragezeichen(1989-93, bei München ). In dem für das Havelland beschriebenen Fall zeigte zumindest die regelmäßige Beobachtung der Familie, daß es weder Revierkämpfe noch längere Abwesenheit eines Partners als Hinweise auf einen Wechsel gab. Derartige Wechsel dürften vor allem an Plätzen mit mehreren Brutpaaren, z.B. an alten Kirchen, kaum nachzuvollziehen sein, so daß hier der Beweis von Zweitbruten besonders schwer zu erbringen ist. Ein weiteres Manko