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Art von einer benachbarten Rupfstelle vom Wind dazwischen geweht wurde. Eher noch erscheint es möglich, dass eine eventuell vorhandene 14. Steuerfeder am Rupfplatz übersehen wurde, oder diese schon vorher beim Schlagen bzw. beim Transport aus den Fängen des Beutegreifers verloren ging.
Im genannten Zeitraum wurde je eine Rupfung von Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla, Wacholderdrossel Turdus pilaris , Grünfink Carduelis chloris, Erlenzeisig Carduelis spinus mit 13 Steuerfedern gefunden.
Einen zuverlässigen Beleg für eine Anomalie mit überschüssigen Steuerfedern lieferte zudem der Totfund einer adulten männlichen Goldammer Emberiza citrinella mit zweifelsfrei sieben rechten und sieben linken Steuerfedern vom 17.1.1993 bei Sternebeck(Eisenbahnopfer).
Es zeigt sich an diesen Beispielen, dass in der phylogenetischen Entwicklung auch die Anzahl der Schwanzfedern also nicht von spontaner Veränderlichkeit ausgenommen bleibt. Bei der Bekassine Gallinago gallinago besteht als Ausnahme eine vererbbare Variabilität in der Steuerfederzahl. Bei dieser Art tritt ganz regulär eine individuell unterschiedliche Anzahl wie folgt auf(nach Häufigkeit des Auftretens geordnet): 14, 12, 16 oder 18 Schwanzfedern(März 1987). Bei fast allen anderen Vogelarten ist die Anzahl der Konturfedern (Handschwingen, Armschwingen, Schwanzfedern) jedoch exakt vorgegeben. Je nach Vogelart sind neun bzw. zehn Handschwingen pro Flügel die Regel. Störche besitzen elf Handschwingen. Zusätzlich ist bei den meisten Arten noch eine verkümmerte äußere Handschwinge vorhanden. Alle in Europa brütenden Singvogelarten haben für gewöhnlich zwölf Steuerfedern. Bei Feststellungen einer höheren Federzahl im Steuer handelt es sich um seltene Ausnahmen. Zu bemerken ist noch, dass die Erddrossel Zoothera dauma, deren Brutareal Europa östlich des Ural berührt, regelmäßig 14 Steuerfedern hat. Sicher werden auch Individuen mit Reduktion der Steuerfederzahl gelegentlich vorkommen. Diese Fälle werden jedoch schwer zu diagnostizieren sein und werden dann lediglich als Mauserlücke erkannt. Die Zahl der Hand- und Armschwingen wurde durch den Verfasser bei allen Rupfungsfunden in keinem Fall ermittelt. Auch hierbei könnten sich theoretisch abweichende
Fiddicke: Zum Auftreten nicht-artspezifischer Gefiedermerkmale bei Vögeln 69
Federzahlen verbergen. Hinweise zu dieser Spekulation liefert die Art Zwergtrappe Tetrax tetrax, wo die 7. Handschwinge der Hähne sich in Form und Größe stark veränderte, während dieser Prozess bei den Hennen nicht eingeleitet wurde.
Schlussanmerkungen
Ist für den einzelnen Beobachter und Rupfungssammler zunächst nur der ästhetische Aspekt am außergewöhnlich gefärbten Vogel interessant, so kann eine zentrale Archivierung und Analyse ökologische Zusammenhänge erklären helfen. Dazu bedarf es jedoch eines verbesserten Niveaus bei der Dokumentation, um späterhin eine exakte Klassifizierung zu ermöglichen. Zusätzlich sollten Angaben zu Alter, Mauser, Familienbeziehungen, Habitatpräferenzen usw. die Ursachenforschung unterstützen. Stoffwechsel- und Mauserstörungen sind wohl die häufigsten Faktoren, die Farbaberrationen auslösen. Besonderes Interesse und wachsende Besorgnis rufen Einflüsse anthropogen beschleunigter Umweltveränderungen und Globalisierungsprozesse mit steigenden Anteilen von eingeschleppten Tier- und Pflanzenarten in den Nahrungsketten unserer autochthonen Vogelfauna hervor.
Damit verbunden stellt sich auch die Frage, ob besonders anpassungsfähige Arten unter bestimmten Bedingungen vermehrt Mutationen erzeugen und ob sich dann sogar mutierende Populationen etablieren könnten. Hinweise dazu geben gehäufte Meldungen von leukistischen Amseln Turdus merula sowie über die Vermischung wilder Stockenten Anas platyrhynchos mit ihren domestizierten Formen als mittlerweile typischem Großstadt-Phänomen.
Die Festigung optimierter Artmerkmale und Leistungskriterien bleibt als Grundprinzip im Kreislauf der Natur allerdings auch durch eine gewisse Häufung unangetastet. Genmanipulationen, die Farbaberrationen ergeben, haben kaum Platz in einer natürlichen Umwelt. Sie scheinen aber als Indikator für die Umweltqualität geeignet zu sein.