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gedeckt. Dort wird auch operativ der Großgefiederaustausch, das„Schiften“, ausgeführt, bei der den Vögeln intakte Federn anstelle der defekten in die Kiele eingesetzt werden. Diese Methode wird seit langem auch in der Falknerei bei Greifvögeln praktiziert, z. B. wenn bei der Beizjagd einem Greifvogel Schwung- oder Stoßfedern abbrechen und wenn dadurch der Jagderfolg oder auch die Optik beeinträchtigt wird. Ansonsten ist im Einzelfall der Heilungsprozess bzw. das Nachwachsen von Schwungfedern sehr zeitaufwändig. Teilweise wird mit den Jungen ein Flugtraining absolviert. Sehr spät im Jahr noch auszuwildernde Segler werden dann mit Flugzeugen in den Süden verbracht.
Im direkten Vergleich(Kosten, Zeitaufwand) hat die Freigabe zur Adoption klare Vorteile, funktioniert aber nur, wenn sich die Anzahl der zu versorgenden Mauerseglern in Grenzen hält und genügend erreichbare Brutstätten mit Nestlingen bekannt sind.
Wahrscheinlichkeit eines Wiederfundes
Der hier geschilderte Wiederfund eines in einer Brutkolonie in Beiersdorf/MOL zur Auswilderung eingesetzten Pfleglings wirft die Frage auf, wie viele beringte Mauersegler überhaupt jemals wieder gefunden werden. Dazu sollen zuerst einige Zahlenangaben zur Beringung in Berlin und dann in den ostdeutschen Ländern im Bereich der Vogelwarte Hiddensee aufgeführt werden.
Bis zum Jahr 1991 wurden im Ostteil Berlins 351 Mauersegler mit Hiddensee -Ringen beringt(OTTO 1991, Köppen& ScHEIL 1994). Davon wurden nur sechs langfristige Ortsfunde bekannt, die alle von den Beringern selber stammten.
In der Brutkolonie Beiersdorf hatte A. H. seit 2003 insgesamt 65 adulte Brutvögel beringt, von denen in der Folgejahren 14 wieder gefangen und abgelesen werden konnten. Das entspricht einer Wiederfundrate von 22% und weist auf eine hohe Brutortstreue hin. Ganz anders sieht es mit der Rückkehrrate beringter Nestlinge aus. Von 402 beringten Nestlingen gelangen nur zwei Wiederfänge/Kontrollen am Geburtsort, darunter auch der eine zu Adoptiveltern gesetzte Mauersegler. Das bedeutet eine Rückkehrquote von 0,5%.
In den ostdeutschen Ländern wurden seit 1964 insgesamt 11.074 nestjunge Mauersegler beringt
Hallau& Otto: Wiederfund eines Mauerseglers am Brutplatz seiner Adoptiveltern 75
(KöppeNn schriftl., Stand 19.2.2013), von denen 166 langfristige Ortsfunde von 98 Individuen vorliegen, d.h. 0,9% der Mauersegler waren an ihren Geburtsort zurückgekehrt und siedelten sich dort als Brutvogel an.
Für Schweizer Ringvögel gab WEITNAUER(1975) bei 12.736 markierten Mauerseglern 181 Wiederfunde von als nestjung beringten Individuen an, von denen 88 am Geburtsort tot gefunden oder lebend kontrolliert wurden. Das waren 1,2% aller beringten Nestjungen. In seiner Brutkolonie in Kronstadt bei Frankfurt/Main ermittelte KAISER (1992) eine Rückkehrquote der von ihm beringten Nestlinge(n= 709) von 1,8%. In einer Kolonie in einem Kloster bei München konnten von 785 beringten Mauerseglern(mit nicht genanntem Anteil an ad.) nur zwei als Nestling beringte jeweils drei Jahre später als Brutvögel festgestellt werden(SıEGNER 1990). Bei wesentlich kleineren Kolonien erfolgte keine Ansiedlung von ehemaligen Nestlingen (GORGASS 1985, ARENS 2011).
Abweichend von diesen genannten niedrigen Wiederfundraten konnten in Oltingen in der Schweiz von 984 beringten Nestlingen später 44(4,5%) am Geburtsort kontrolliert werden (WEITNAUER& SCHERNER 1980). KAIıser(1992) erklärte das mit der Abgeschiedenheit des Bergdorfes, in dessen Umgebung es keine weiteren potenziellen Brutplätze gab.
Wiederfunde von ausgewilderten Pfleglingen Handaufgezogene, später beringte Mauersegler sind in der Beringungsdokumentation besonders zu kennzeichnen. Damit sollen Fehlinterpretationen bei Wiederfunden vermieden werden, da sich die Überlebenschancen aber auch das spätere Verhalten zur Brutzeit bei gepflegten, ausgewilderten Vögel von denen ihrer immer frei lebenden Artgenossen unterscheiden können. Andererseits möchte man neue Erkenntnisse zu den angesprochenen Themen auch bei ausgewilderten gewinnen.
Wie schon geschildert, ist die Wiederfundquote beim Mauersegler(vor allem bei den als nestjung beringten) sehr gering. Da die jungen Mauersegler nach dem Ausfliegen nicht mehr ins elterliche Nest zurückkehren(WEITNAUER 1975, Kaiser 1984), sind sie eigentlich bis auf wenige Ausnahmen nicht auf den Geburtsort geprägt.