Heft 
Band 22
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Nordosten zufließende Malxe bei geringem Gefälle in zahllose schmale Wasserläufe, hier Fließe genannt.

Die Wirtschaft im Spreewald musste sich lange Zeit den natürlichen Bedingungen unterwerfen. So­lange Hochwasser ungehindert die Niederung über­schwemmten, beschränkte man sich auf die Bergung von Heu. Vor etwa 100 Jahren begann man die Was­serhaltung durch Staugürtel zu steuern. Wenig spä­ter begann die Anlage von Deichen und kanalartigen Umflutern. Gefördert durch die diversen Absatz­möglichkeiten im nahen Berlin setzte verstärkt der Gemüseanbau ein(vor allem Gurken, Meerrettich und Kürbis). In den letzten Jahrzehnten gingen die traditionell gewachsenen, kleinbäuerlichen Struktu­ren jedoch zunehmend verloren. Heute betreibt man die Landwirtschaft in weiten Bereichen großflächig und intensiv. Im Oberspreewald sind es vor allem die Mahd der Wiesen(Heugewinnung) und die Weide­wirtschaft(Rinderhaltung).

Seit dem 19. Jahrhundert erholen sich tausende Menschen im Spreewald. Allein von Lübbenau aus las­sen sich seit Mitte der 1970er Jahre über eine Million Besucher pro Jahr auf Kähnen durch das feingliedrige Wasserlabyrinth staken(Autorenkollektiv 1981). Die­se ständig wachsende, überregionale touristische Be­deutung bewahrte das Gefüge aus Wasserläufen, von Schwarzerle und Esche bestimmten Bruchwäldern, Feuchtwiesen und kleinen Äckern auf gegenüber hydrologischen Veränderungen äußerst sensiblem Moorboden nicht vor dem Intensivierungsstreben der sozialistischen Landwirtschaft. Auch im Ober­ spreewald schuf eine sogenannteKomplexmeliorati­on industriemäßig nutzbares Saatgrasland(Succow 2011). Dazu wurden in den 1970er Jahren große

2 Methodik

Die erste Erfassung ausgewählter Brutvögel im UG erfolgte im Frühjahr 2006. Im Jahr darauf wurde der Bestand des Mittelspechts kartiert. Beide Frühjahre zeichneten sich durch Niedrigwasserstände aus. Bei veränderter hydrologischer Situation wurde in den Jahren 2011 und 2013 die Revierkartierung der aus­gewählten Vogelarten wiederholt.

Das durch nur wenige Wege erschlossene UG wurde von Anfang April bis Mitte Juli in der Regel einmal pro Woche aufgesucht, wobei abwechselnd in den Morgen- und Abendstunden(bis in die Nacht

Otis 22(2015)

Flächen eingedeicht und mittels Schöpfwerken soweit entwässert, dass auf den artenarmen Wiesen ganzjäh­rig schwere Landtechnik fahren konnte(bis zu 1,2m Grundwasserabsenkung, Perrick et al. 2011). Die größten Eingriffe erfolgten südöstlich Lübben (etwa 17 km?; Polder Kockrowsberg undStauabsenkung Nord). Ein kleinerer Polder, dieStauabsenkung Süd wurde zu Beginn der 1980er Jahre zwischen dem Dorf Leipe und dem Südumfluter angelegt. Mit den politischen Umbrüchen 1989/90 ließ sich diese defizitäre Landnutzung nicht aufrechterhalten. Die Schöpfwerke wurden außer Betrieb genommen und größtenteils abgerissen. Das Grundwasser stieg wie­der an und vernässte die durch Torfsackung und-mi­neralisierung um bis zu 60 Zentimeter abgesenkten Böden(Röver& Hamm 2014) mehr denn je. Seitdem sind die Sümpfe und Flachgewässer in den Stauab­senkungen des Oberspreewaldes lokal so nass, dass sie nur in trockenen Jahren, manche gar nicht bewirt­schaftet werden können.

Mit der Wiedervernässung der Polder unterlagen diese einem sich rasch vollziehenden Wandel hin zu polytrophen Biotopen mit einer enormen Artenfülle. Um diese Entwicklung zu dokumentieren, wurden in einem Referenzgebiet, derStauabsenkung Süd(im Folgenden: Untersuchungsgebiet= UG ), ausgewähl­te Brutvogelarten erfasst. Die Erhebungen- initiiert und finanziell gefördert vom Biosphärenreservat Spreewald galten in erster Linie den Vertretern des Anhangs I der EU -Vogelschutzrichtlinie, den bestandsgefährdeten Brutvogelarten gemäß Roter Liste(RysLavy& MäpLow 2008) sowie jenen Arten, deren Vorkommen augenscheinlich vom jährlich wechselnden Frühjahrswasserstand abhängt.

reichend) erfasst wurde. Die Kartierung erfolgte audiovisuell nach den aktuell gültigen Vorgaben (BızsY et al. 1995, SüpsEcK et al. 2005) auf halbtägi­gen Exkursionen überwiegend zu Fuß und mit dem Fahrrad. Eine flächendeckende Kontrolle wurde an­gestrebt. Auf Grund der Größe des Areals war dies nicht im Rahmen einer Exkursion möglich. Nur durch einen ständigen Wechsel der Schwerpunkte konnten alle Bereiche zufriedenstellend einbezogen werden. Diesem Zweck dienten jährlich auch zwei ganztägige Kanufahrten, eine auf den inneren Was­