Simon& Duerr: Nahrungsökologie und Brutbiologie des Kormorans 95 A—————
1en Jungfische der Schwarmfischarten ausweichen. Von diesen müssen sie deutlich mehr erbeuten, um ihren Nahrungsbedarf zu decken. Hinsichtlich der gefundenen Beutegröße überwogen in der Winteraahrung kleinere Fische(Abb. 6). Da die meisten Magenuntersuchungen im Winter stattfanden,
«önnen die daraus gewonnenen Erkenntnisse nicht einfach auf das ganze Jahr übertragen werden.
In den Kolonien Paretzer Tonstiche und Rietzer See wurde während der Brutzeit und vor allem in der Nestlingsphase ebenfalls ein deutlich geringerer Anteil kleiner Beutefische als Nestlingsnahrung registriert. Die Ursache hierfür könnte sein, dass die Brutvögel dieser Kolonien häufiger einzeln als im
Verband jagen. Gruppenjagd ist die bevorzugte Jagdnethode auf Schwarmfische.
Bleie stellten mit einem Masseanteil von rund 46% in den Havelseen über das ganze Jahr verteilt den größten Anteil an der Nahrung dar. Angesichts der festgestellten Durchschnittslänge der erbeuteten 3leie von 28 cm und der Maximallänge von 35 cm
Körpermasse ca. 500 g!) lässt sich schlussfolgern, dass die Hochrückigkeit des Bleis nicht zu einer Meidung dieser Fischart zu führen scheint, wie dies teilweise angenommen wurde(DIrKsEn et al. 1995). Im Gegenteil: Große Bleie waren die mit Abstand häufigsten Beutefische im Untersuchungsgebiet, ähnlich wie in anderen Untersuchungen(VELDKAMP 1995). Aufgrund ihrer Hochrückigkeit konnten jedoch größere Bleie bei der auf den Schuss noch folgenden Flucht der Kormorane nicht wieder ausgewürgt werden, sondern blieben im Schlund stecken. Dies wurde mehrfach nur bei dieser Fischart beobachtet. Hatten die Vögel andere Fischarten als Blei gefressen und die erbeuteten Fische noch vor dem Bergen ausgewürgt, gingen sie als nüchterne Individuen in die Untersuchungsergebnisse ein. Dagegen zählten alle Kormorane, die größere Bleie gefressen und erfolglos versucht hatten, diese wieder auszuwürgen, als nicht nüchtern. Dies führt zu einer Überschätzung des Masseanteils vom Blei als Nahrungsfisch.
Der beobachtete Anteil von 17%(44 Stück) nüchterner Kormorane war mit anderen Untersuchungen(RıTrTERBUSCH& FRENZEL 2005) vergleichbar, entspricht aber nicht der Zahl der Vögel, die erfolglos gefischt hatten. Wenn die Schockwirkung des Schrotes und damit der Tod des Kormorans nicht unmittelbar nach dem Schuss eintrat, sondern
der Vogel noch ein bis zwei Flügelschläge machen konnte und zu flüchten begann, wurde als Fluchtreaktion die erbeutete Nahrung ausgewürgt.
Zander waren im Frühling und Sommer kaum in der Nahrung vertreten, was sich auch mit den Befunden zur Nestlingsnahrung in den Kolonien Paretzer Tonstiche(kein Nachweis) und Rietzer See (nur ein Nachweis) deckt. Sie wurden überwiegend im Winter und Herbst gefressen. Wintereinstände gibt es in beiden Gewässern nicht(M. Weber , mdl. Mitt.), was die im Vergleich zu anderen Untersuchungen in Brandenburger Gewässern(KnöscHE et al. 2005, RıTTERBUSCH& FRENZEL 2005) relativ hohen Masseanteile in der Nahrung hätte erklären können. In den Untersuchungsjahren wurden aber gute Zanderfänge von den Fischern verzeichnet(M. We ber und J. Lechler, mdl. Mitt.), was auf einen guten Zanderbestand in den Gewässern schließen lässt. Die Nahrungszusammensetzung während der Brutzeit in der Kormorankolonie Paretzer Tonstiche wich etwas von den Ergebnissen der geschossenen Vögel ab. Während bei letzteren im Frühjahr und Sommer der Blei mit 44% dominierte, gefolgt von Aal(26%), Hecht(11%), Flussbarsch(10%) und Plötze(8%), dominierten unter den 250 bestimmbaren Fischen aus der Kormorankolonie Paretzer Tonstiche Blei und Güster mit insgesamt 55%, gefolgt von Plötze(22%), Flussbarsch(8%), Ukelei (5%) und Aal(3%). Dies kann daran liegen, dass zu dieser Zeit nur immature Vögel erlegt und untersucht wurden, während bei der Kontrolle der Kolonie die Nahrung sowohl von brütenden und fütternden Altvögeln als auch von Nestlingen bestimmt wurde,
Aal
Aale wurden vor allem im Sommer und Herbst gefressen(Tab. 5). Im Frühjahr war ihr Masseanteil gering und im Winter befanden sich gar keine Aale in den Mägen der untersuchten Kormorane.
Von den Aalen wurden überwiegend kleinere Exemplare gefressen. Dies zeigt der vergleichsweise geringe Mittelwert von 36 cm(Abb. 7, Tab..3). Bei früheren Untersuchungen im Havelgebiet(KNöscHE et al. 2005) war die Durchschnittslänge der erbeuteten Aale mit 40 cm etwas größer(Abb. 7). Mögliche Erklärungen dafür sind, dass in der hier vorgestellten Untersuchung zwei dicht beieinander liegende,