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schrittenen Verdauungsprozesses nur als nicht näher bestimmbarer Weißfisch angesprochen werden konnten. Unter diesen Fischen betrug der Aalanteil durchschnittlich 21%. Unter den restlichen 259 bestimmten Fischen dominierte der Aal mit 25.%, gefolgt von Blei und Schleie(je 13%), Plötze(10%), Karausche und Flussbarsch(je 8%), Kaulbarsch (7%), Ukelei(5%), Rotfeder(4%), Güster(3%), Hecht(2%), Karpfen(1,5%) und Zander(0,5%). Der Eingeweidefettgehalt der Kormorane ist von der Jahreszeit abhängig. Im Frühjahr und Sommer haben die Kormorane kein bis wenig Eingeweidefett(Kategorie 0 und 1 je etwa zur Hälfte vertreten). Im Herbst steigt der Eingeweidefettgehalt leicht an (meist Kategorie 1 bzw. wenig Eingeweidefett) und erreicht im Winter sein Maximum mit überwiegend Kategorie 2(mäßig viel Eingeweidefett). Im Winter hatten die Weibchen visuell sichtbar mit überwiegend mäßig viel Eingeweidefett einen etwas höheren Eingeweidefettgehalt als die Männchen. Zwischen immaturen und adulten Vögeln wurden keine Unterschiede im Eingeweidefettgehalt festgestellt. Es gab auch keine signifikante Korrelation
zwischen dem Eingeweidefettgehalt der Vögel und
ihrer Körpermasse oder der aufgenommenen Nahrungsmenge.
Beringte Kormorane wurden nur im Zeitraum von Mitte November bis Anfang März erlegt bzw. gefangen. Von den insgesamt 17 beringten Tieren kamen einer aus Russland , drei aus Schweden , drei aus Dänemark und zehn aus Finnland . Die beringten Vögel waren zwischen vier Monaten und 18 Jahren, im Mittel vier Jahre alt. Sie waren zwischen 301 und 1.341 km, im Durchschnitt 941 km vom Beringungsort entfernt.
Diskussion
Die vorgestellte Untersuchung gibt durch die Methodik der sehr regelmäßig erfolgten Abschüsse sowie aufgrund der dadurch ermöglichten genauen Analyse des Beutespektrums einen neuartigen Einblick in die Nahrungsökologie des Kormorans im Gebiet der Unteren Havel . Die vorgefundene Variabilität und Vergleiche mit vorangegangenen Untersuchungen legen jedoch nahe, dass sich die Ergebnisse nicht auf andere Gebiete übertragen lassen.
Ötis 19(2011)
Die überwiegende Zahl der Kormorane wurde im Winter untersucht, denn während der Brutzeit dürfen gemäß BbgKorV keine ausgewachsenen Vögel geschossen werden. Hierbei handelte es sich ganz offensichtlich um gebietsfremde Vögel. Weiterhin sind im Winter deutlich mehr Kormorane auf den durchflossenen Havelgewässern um Potsdam anzutreffen als zur übrigen Zeit des Jahres, weil diese zu den letzten Gewässern gehören, die zufrieren. Konzentrationen rastender und überwinternder Tiere hängen ganz
offensichtlich mit den Wärmeinseln der Großstädte(Berlin , Potsdam ) und dem Freihalten der Schifffahrtswege auf den Bundeswasserstraßen zusammen.
Bei den erlegten bzw. gefangenen Kormoranen
handelte es sich nicht zwangsläufig um in den Untersuchungsgewässern jagende Individuen, sondern möglicherweise auch um Tiere, die aus der unmittelbaren Umgebung zum Trocknen der Flügel auf den Lahnungen eingeflogen waren.
Rund 50% der untersuchten Tiere hatten nur einen großen Fisch gefressen(Abb. 4). Die Anzahl an Individuen mit mehr als zehn Beutefischen im Magen war dagegen vergleichsweise gering. Kor
morane scheinen bevorzugt einen oder wenige große Beutefische statt mehrere kleine zu erbeuten, was im Hinblick auf das Aufwand-Nutzen-Verhältnis auch zu erwarten ist.
Bei der Nahrungswahl sind Kormorane opportunistisch(Russe et al. 2003, RuTscHKE 1998), d.h. die Artenzusammensetzung der Nahrung hängt unter anderem von der Häufigkeit und Verfügbarkeit der Nahrung in ihrem Jagdrevier ab. Deshalb verwundert es nicht, dass in den Havelgewässern häufig vertretene Fischarten wie z.B. Kaulbarsch, Flussbarsch und Blei auch in der Nahrung zahlreich zu finden sind. Kormorane sind zudem Spezialisten(ENGSTRÖM & Jonsson 2003), d.h. sie bevorzugen innerhalb der Beutearten bestimmte Größenklassen. Nach der vorliegenden Untersuchung scheinen Kormorane große Fische(z.B. Bleie, Plötzen, Zander) mit etwa 25 cm Körperlänge zu bevorzugen. Dies geht aus den Daten der untersuchten Vögel während der Vegetationsperiode hervor(Abb. 6). Im Winter scheinen sich die größeren Fische unter die Eisdecke zurückzuziehen. Die Kormorane müssen dann an den wenigen noch offenen Gewässerstellen auf die klei