Heft 
Band 19
Seite
137
Einzelbild herunterladen

Hoffmann: Anmerkungen zur BeobachtungRotfußfalke auf nächtlicher Libellenjag 4

(2009) u.a. Amurfalken(Falco amurensis), eine Rotfußfalken. Er stellte fest, dass diese sowohl auf dem Wegzug nach Südost­

Schwesterart des

Afrika als auch auf dem Heimzug zwischen dem indischen Subkontinent und Ostafrika die gleichen Migrationsrouten wählen wie zur gleichen Zeit die Gemeine Wanderlibelle. Auch für den Amurfalken

wurden nächtliche Wanderungen festgestellt (NA0roJ1 2006).

UV-Sensitivität und Nachtaktivitäten

Im Gegensatz zu den meisten Säugetieren sind so­wohl Vögel als auch Insekten in der Lage, UV-Licht (Wellenbereich 380-100 nm) wahrzunehmen und Objekte zu erkennen- unabhängig davon, ob das wahrgenommene Objekt Licht abstrahlt oder ob es Fremdlicht reflektiert. Bei größeren Vogelarten ist diese Fähigkeit i.d.R. eingeschränkt. Kleine Falken dürften allerdings noch UV-Licht in einem Wellenbereich ab 340 nm wahrnehmen(HAUSMANN et al. 2003). Bei Libellen liegt der Wahrnehmungs­bereich von UV-Licht ab 290 nm noch weit darunter eig. unveröff, Daten). Beide Taxa sind in der Lage, Objekte und Farben in Schwarzlichtbereich(UV-A 380-315 nm) sowie UV-B-Bereich(> 350 nm) und 1ahe des Infrarotbereichs(< 900 nm) wahrzu­nehmen(StAnce 2006). Dies ermöglicht ihnen eine Orientierung bei Nacht über Objektreflektionen von UV-Licht(Mond, helle Objekte). Nächtliche Migra­tionen von normalerweise tagaktiven Organismen ‚önnen bei diesen Visibilitätsfähigkeiten einen Schutz vor Feinden bedeuten, sofern weitere Para­meter(Temperatur, Thermik u.a.m.) Nachtwande­

rungen zusätzlich begünstigen. Schlussfolgerung

Bei den von LöscHAu(2010) beobachteten Libellen handelt es sich vermutlich um Herbst-Mosaikjung­fern(auch wenn keine Belegexemplare vorliegen). Für diese Art, die im Englischen alsWandernder Hausierer bezeichnet wird, sind Migrationen auch aus Mitteleuropa durchaus bekannt. Ob es sich dabei um expansive oder saisonale Migrationen handelt, wurde bisher nicht untersucht. Bei der vorliegenden Beobachtung kann zumindest ausgeschlossen werden, dass es sich um ungerichtet schwärmende Tiere oder

137

gar Jungfernflug handelt, da die Art zum einen nicht synchron schlüpft und zum anderen die Beob­achtung fernab von möglichen Reproduktions­gewässern erfolgte. Die bisher beobachteten Wan­derungen der Herbst-Mosaikjungfer fanden von August bis Oktober statt und waren stets südlich bis westlich gerichtet. Beim Rotfußfalken wird für den Wegzug der nordwestlichen Brutpopulation ein Schleifenzug postuliert, der zunächst nach Westen bis Osteuropa führt, ehe er in südliche Richtung abbiegt. Es wird hier vermutet, dass der beobach­tete Rotfußfalke sich an einen wandernden, wahr­scheinlich auch aus östlicher Richtung kommen­den Libellenschwarm angehängt hat und diesen über längere Zeit alsReiseproviant nutzte. Ein solches Wandern mit Libellenschwärmen ist von Kleinfalken auch aus anderen Regionen bekannt (s.o.). Nächtlich jagende Libellen sind aus tropischen Breitengraden durchaus bekannt, aber niemals in Schwärmen. Und noch weniger ist bekannt, dass sie dabei selber bejagt werden.

Die Beobachtung von LÖSCHAU(2010) stellt ein wichtiges Mosaiksteinchen dar bei dem Versuch, nächtliche Migrationen von Libellen, aber auch die von Kleinfalken wie dem Rotfußfalken zu verstehen. Sie zeigt zudem auf, dassnachts nicht alles grau ist, vielmehr Dinge- möglicherweise mit Regel­mäßigkeit- geschehen, die der Wahrnehmung des Feldbeobachters überwiegend entgehen. Insofern ist diese Beobachtung auch als Glücksfall zu bewer­ten.

Literatur

ANDERSON, C.(2009): Do dragonflies migrate across the western Indian Ocean? Journal of Tropical Eco­logy 25:347-358. Bd. 4- Falconiformes. AULA-Ver­ lag , Wiesbaden .

Eımer, T.(1882): Eine Dipteren- und Libellenwan­derung, beobachtet im September 1880. Jahreshefte d. Ver. F. vaterl. Naturkunde in Württemberg 8: 105-113.

Fenc, H.-Q., K.-M. Wu, Y.X. Ni, D.-F. CHEnG& Y.-Y. Gvo(2006): Nocturnal migration of dragonflies over the Bohai Sea in northern China . Ecological Entomology 31:511-520.

Garrer, W.(1981): Insektenwanderungen. Kilda­Verlag.