Heft 
Band 23
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144 Otis 23(2016) In der Avifauna von Berlin und Brandenburg wird ebenfalls die Vielfalt der Neststandorte betont, aber es sind keine Nester im Inneren von Gebäuden erwähnt, lediglich Nester an Gebäuden in Nischen oder auf Balken( O tto in A bbo 2001). Einen beeindruckenden Stichprobenumfang von 900 Zaunkönignestern wertete jüngst M arquardt (2016) für ein Untersuchungsgebiet im nördlichen Mecklenburg aus. Darunter rangieren acht Fäl­le unterWaldhütte/ Bauwagen/ Futterkrippe/ Hochstand/ Holzbrücke. Acht weitere Nester be­fanden sich innerhalb von Stallungen oder Schup­pen, davon sechs in Rauchschwalbennestern. Die anderen beiden scheinen am ehesten vergleichbar mit dem hier beschriebenen Nest: einesan Decken­lampe in einem Schuppen sowie einsauf Leitung in Mauerecke innerhalb eines Stalles. Als Ein­flugmöglichkeit dienten ein Türspalt oder defekte Fenster. Auch D allmann (1987) nennt bei sogar 1.997 Nestern nur als große Ausnahme Nester in ei­nem Stall und in einer Hütte. Keine dieser Beschrei­bungen erinnert jedoch an einen gefliesten Raum in einer Industrieruine. Zusätzlich zu der ungewöhnlichen Anlage des von uns gefundenen Nestes ist auch die Höhe bemer­kenswert. Die meisten Nester werden in Bodennähe oder je nach Biotop nur wenig höher als 1,5(bis 2) Meter über dem Erdboden errichtet. Nur ausnahms­weise brütet der Zaunkönig in größerer Höhe, etwa 10 m hoch in Weißtanne bzw. Schwarzspechthöhle, 12 m hoch in einer Esche bzw. Fichte oder sogar 18 m hoch in einem Habichthorst( G lutz & B auer 1985). Auch bei M arquardt (2016) betrug die mittlere Höhe aller 900 gefundenen Nester nur 1,38 m; 80 % der Nester waren bis 2 m hoch gelegen, und das höchste Nest befand sich 7 m hoch am Stamm einer Fichte. In Süddeutschland fand D allmann (1987) bei 1.080 Nestern nur 1,9 % davon ab 3 m Höhe. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das von uns gefundene Zaunkönignest sich durch besondereNaturferne auszeichnet und zudem in einer ungewöhnlich großen Höhe errichtet wurde. Die Tatsache,dass es anscheinend nicht zu einer Brut in diesem Nest gekommen ist, zeigt gleichwohl, dass das Männchen kein Weibchen für das von ihm ange­botene exklusive Nest begeistern konnte. Literatur A bbo - A rbeitsgemeinschaft B erlin -B randenburgischer O rnithologen (2001): Die Vogelwelt von Brandenburg und Berlin.Verlag Natur& Text, Rangsdorf. D allmann , M.(1987): Der Zaunkönig. Neue Brehm-Büche­rei 577,A. Ziemsen Verlag,Wittenberg. G lutz von B lotzheim , U. N.& K. M. B auer (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 10/II Passeriformes(1. Teil). Aula-Verlag, Wiesbaden. K lafs , G.& J. S tübs (1977): Die Vogelwelt Mecklenburgs. Gustav Fischer Verlag, Jena. M akatsch , W.( 1976): Die Eier der Vögel Europas, Bd. 2. Neumann Verlag, Leipzig, Radebeul. M arquardt , R.(2016): Zur Brutbiologie des Zaunkönigs Troglodytes troglodytes in Mecklenburg-Vorpommern. Ornithol. Rundbr. Mecklenbg.-Vorpomm. 48: 246–256.