144
21. (9. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.
stand genau in der Mitte der 1 cm weiten Öffnung des Ovals. An dieser Stelle waren die Schenkel der Gabel rechtwinklig nach außen gebogen, und da ihre Endpunkte 18 cm auseinander lagen, so war es nicht schwer, die Gabel über einen im Schlamm des Gewässers erblickten Aal zu setzen. Drückte man nun die Gabel in den Boden, so wurde der Aal, der seitlich nicht entweichen konnte, auf die Harpune gespießt und in das Oval getrieben, so daß die Spitze wieder frei wurde. Auf diese Weise konnte matt drei, vier Aale stechen, ohne den Aalspeer inzwischen aus dem Wasser zu ziehen. Der Aalspeer, dessen primitivste Form wir in dem mit einfacher Knochenspitze bewehrten Ilolzschaft zu suchen haben, gehört sicher zu den allerältesten Fanggeräten, die bereits der prähistorische Mensch ersann, weil ihm das Haschen der Fische mit der Hand nicht mehr „zeitgemäß“ erschien; aber auch in seiner letzten Entwicklungsstufe verleugnet das Gerät nicht die Erinnerung an sein Urbild, die Hand mit gespreiztem Daumen.
U. M. Herr Wilke fügt folgendes hinzu: Man glaubt allgemein, daß durch das Gesetz und durch das Verbot der Fischerinnungen der Aalspeer verdrängt wäre; dem ist jedoch nicht so. Das Aalstechen x stand zwar in den GO er Jahren in schönster Blüte, jedoch wird diese Tierquälerei wohl auch heute so leicht noch nicht auszurotten sein. Es bestand in Oderberg und Umgegend bis zu den genannten Jahren ein Recht für jedermann, daß man den Aal stechen konnte. Da nun die geschädigten Fischereien gegen die verbrieften Rechte nicht anlaufen konnten, so gehörte es noch 1865 nicht zu den Seltenheiten, daß das Korps der Aalstecher mit Musik, den Fischern zum Trotz, zum Aalstechen zog. Erst später drang das Gesetz durch, und die offizielle Aalstecherei hörte auf, wird aber bis heute noch heimlich fortgetrieben. Der Knochenspeer, der sicherlich früheren Jahrhunderten angehörte, ist längst durch den eisernen ersetzt. Auf den Gewässern der alten Oder zwischen Oderberg und Ilohensaathen, dem zukünftigen Brennpunkt des Berlin—Stettiner Großschiffahrtsweges, kann man in den Wintermonaten bei guter Eisdecke manchen Aalstecher beobachten, und zwar am hellen Tage. — Mit Eissporen an den Stiefeln, die Axt über der Schulter, das Netz in der Tasche und eine 4—5 ra lange Stange nach sich ziehend, sieht man einen Mann des Weges kommen, der scheinbar harmlos seine Straße zieht. Auf einer für ihn passenden Stelle angekommen, zieht er das Eisen aus dem Rock und befestigt es an der Stange. Nun wird ein Loch geschlagen, etwa so groß wie ein runder Stuhlsitz, und zwar an einer solchen Stelle, an der sich möglichst warme Quellen befinden, an denen sich erfahrungsgemäß die Aale im Schlamm verkriechen. Diese Stellen kennt der erfahrene Aalstecher an den vielen Luftblasen im Eise. Jetzt wird der lange Speer in den Schlamm gestoßen, dies wiederholt sich fortwährend und so weit am Grunde, wie der Speer