Heft 
(1910) 18
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Die dialektfreie Aussprache des Hochdeutschen in der Mark Brandenburg.

Von Schulrat a. D. Dr. Grabow.

Hochverehrte Damen und Herren!

Wenn icii es wage, Ihnen einen Vortrag über deutsche Aussprache zu halten, so dürfen Sie nicht fürchten daß ich über etwas sprechen werde, was Sie als Deutsche ja alle kennen oder zu kennen glauben. Diejenigen, welche sich noch nicht mit der Theorie der Aussprache be­schäftigt haben, werden, hoffe ich bald merken, daß hier viele Dinge zur Sprache kommen werden, an die Sie bisher nicht gedacht haben, und sie können sich getrost meiner Führung durch dieses von öffent­lichen Rednern, Geistlichen, Schauspielern und Sängern als ureignen Besitz beanspruchtes Gebiet anvertrauen, da ich Ihnen die Versicherung geben kann, daß ich schon seit vielen Jahren mich mit wissenschaftlichen Untersuchungen der deutschen Aussprache und ihrer Geschichte be­schäftige und mit gleichstrebenden, wie dem verstorbenen Kgl. Kapell­meister Dorn, den Ilofschauspielern Berndal und Kahle mündlich und schriftlich über diesen Gegenstand verhandelt habe. Schriftliche Arbeiten über deutsche Aussprache habe ich für die frühere Zeitschrift für Orthographie und Orthoepie geschrieben, habe auch im deutschen Sprech­verein Vorträge über dialektfreie Aussprache des Hochdeutschen gehalten. Sie mögen, meine Damen und Herren, daraus ersehen,daß ich auf diesem Gebiet zu Hause bin und auch etwas Erfahrung habe über die vielen Einwendungen, die von Laien und Dilettanten gegen streng wissen­schaftliche Ausführungen über Aussprache erhoben zu werden pflegen.