Heft 
(1907) 16
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Kleine Mitteilangen.

Kleine Mitteilungen.

Märkische Scharfrichter-Praxis. Nach unvordenklicher Henkersllbung wird dem mit dem Schwert oder Beil Enthaupteten bei der Verscharrung in der Erde, der Kopf zwischen die Beine gelegt. Daher stammt zum Teil die Redensart, jemand den Kopf vor die Füße legen, welche sich nicht, wie man gewöhnlich meint, daraus ableitet, daß der Kopf dem Enthaupteten vor die Füße rollt. Dies letztere ist nur möglich, wenn der zu Enthauptende, auf dem Richtstuhl sitzend, mit dem Schwerte geköpft wird. Wird er knieend mit dem Schwert oder wird er auf dem Block mit dem Beil enthauptet, so fällt der Kopf selbstredend vor den Rumpf, nicht vor die Füße. Auf alten Richtstätten findet man die Gerippe der Enthaupteten der eingangs gegebenen Schilderung entsprechend vor, wie besonders die Funde auf dem Spitzen Berg am faulen See bei Müncheberg erwiesen haben. In Berlin ist diese Praxis von den Henkern, soweit mir bekannt, stets beobachtet worden; ins­besondere bezeugt mir Herr Stadtrath Romstädt von hier, welcher bei der Enthauptung Louis Grothes, des Mörders des Professors Georg Grögy, im Moabiter Zellengefiingnis zugegen war, wie der Scharfrichter Reindel dem Grothe, nachdem er in den Sarg gelegt worden, den abgeschlagenen Kopf zwischen die Beine legte. Dies war die vorletzte Hinrichtung in Berlin. Bei der letzten Hinrichtung hierselbst, welche am Freitag den 16. August 1878, morgens 6 Uhr an gleicher Stelle vollzogen wurde, habe ich bemerkt, daß, nachdem der Leichnam in den Sargkasten gelegt worden, einer der Henkers­knechte das Haupt des Hingerichteten wieder sorgfältig auf den Rumpf paßte.

1. Febr. 1879. E. Friedei.

Berliner Kind. Der Spruch:

Be rline r Kind ,

Spa ndau er Wind,

Charlottenburger P ferd ,

Sind alle nichts werth.

ist die Umformung folgenden älteren Spruches, welcher sich imKurzweiligen Zeitvertreiber von 1666, S. 123 befindet:

Speyer Wind,

Heydelberger Kind,

Hessen Blut,

Tut selten gut. Georg Büchmann.

Mir am 5. Januar 1879 handschriftlich mitgeteilt von dem Verfasser der berühmtenGeflügelten Worte. E. Friedei.

Für die Redaktion: Dr. Eduard Zache, Cüstriner Platz 9. Die Einsender haben den sachlichen Inhalt ihrer Mitteüungen zu vertreten.

Druck von P. Stankiewicz Buchdruckerei, Berlin, Bemhurgerstrasse 14.