Heft 
(1907) 16
Seite
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108 17. (8. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Erzählung von einem reichen Manne, der sein ganzes Vermögen schon bei Lebzeiten an seine Kinder abgegeben hatte und nun von ihnen schlecht behandelt wurde, weshalb er auf den Gedanken kam, eine Kiste anfertigen zu lassen, in der er vorgab noch Schätze zu besitzen; die Kinder ändern ihr Betragen in Erwartung des Erbes, finden aber nach dem Tode des Vaters in der Kiste nichts als Sand und Steine nebst einer Keule mit der Beischrift. Es erscheint nun höchst merk­würdig, daß man gerade diesen Spruch an so hervorragender Stelle an den Stadttoren angebracht hat; denn die Sache war doch nicht von solcher Wichtigkeit für die Städte, um in so öffentlicher und so kräftiger Weise die Warnung auszusprechen. Außerdem ist die Sprache des Spruches, der sich in dieser Form nicht vor der Mitte des. Jahr­hunderts nachweisen läßt, durchaus neuhochdeutsch oder neu­niederdeutsch, während die Keulen entschieden älter siud. Man könnte daher annehmen, daß die Keulen ursprünglich einen anderen Sinn hatten und allein an den Toren hingen und daß man dann, als dieser Sinn in Vergessenheit geriet, auf den Einfall kam, die Verse aus der bekannten Erzählung hinunterzusetzen. Diese Annahme wird für Crossen bestätigt durch eine Angabe in v. Obstfelders Chronik der Stadt Crossen, S. 25, wo es heißt, daß als äußeres Zeichen der 1317 verliehenen, namentlich peinlichen Gerichtsbarkeit eine eichene Keule diente, die an Ketten an dem Rathause, später (nach dessen Einäscherung, 1482) an dem Odertore aufgehängt wurde. Die Keule als Symbol der Gerichtsbarkeit scheint aber sonst nicht vorzukommen, dagegen wäre vielleicht an einen Zusammenhang mit den Schulzenkeulen oder -knütteln zu denken, die ja als Abzeichen des die Dorfgerichtsbarkeit ausübenden Schulzen anzu­sehen sind. Die Keulen sind auch tatsächlich mehrfach (Müncheberg, Crossen, Guben) gewaltige Rebstöcke oder haben die Form derselben. Die Keulen der wilden Männer im preußischen Wappen werden wohl damit nichts zu tun haben. Der Vortragende richtet die Bitte an die Versammlung, ihn durch die Beibringung von weiterem Material zu unterstützen, um daraus mit größerer Bestimmtheit zu einer Erklärung zu gelangen; besonders wären ihm genauere Angaben über Alter und Form der Keule sowie über die Verbreitung der Erscheinung sehr erwünscht.

Die mit lebhaftem Dank aufgenommene Mitteilung des Herrn Dr. Fuchs regte eine lebhafte Erörterung an, bei welcher sich verschiedene Mitglieder beteiligten.

Herr H. Maurer machte darauf aufmerksam, daß in der Gymnasial- Sammlung zu Guben von der Brandenburgia eine dergleichen Tor­keule besichtigt worden sei, welche aus der wunderlich knotig ge­stalteten Wurzel eines Rebstocks angefertigt ist und an einem der Gubener Stadttore befestigt war.