Heft 
(1902) 10
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12. (9. ausserordentliche) Versammlung des X. Vereinsjahres.

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nicht viel anderes selten, als ein bakteriologisches Laboratorium. Dass aber ein grosser Teil unserer Thätigkeit ausserhalb des Laboratoriums liegt, würde Ihnen gar nicht zum Bewusstsein kommen. Ich halte es deshalb für meine Pflicht, Sie auf diese Dinge aufmerksam zu machen, eite wir an die Besichtigung gehen. Ein kurzer historischer Rück­blick wird Sie ausserdem überzeugen, dass die Errichtung dieses Instituts aus einer inneren Notwendigkeit hervorgegangen ist.

Wenn wir auf den Anfang der achtziger Jahre zurückgreifen, so finden wir den Direktor des Institutes, R. Koch, am Ende der ersten Periode seiner wissenschaftlichen Thätigkeit; er hatte eine neue Wissen­schaft geschaffen, die Bakteriologie, und bewiesen, was man schon geahnt, aber zu beweisen sich vergeblich bemüht hatte, dass alle an­steckenden Krankheiten, die sogenannten Infektionskrankheiten, durch kleine Lebewesen, pathogene Organismen, hervorgerufen werden, welche auf irgend eine Weise in den Körper eindringen. Indem sie

Institut für Infektionskrankheiten.

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sich dort vermehren, rufen sie eine Schädigung des Körpers hervor, und dieser reagirt darauf automatisch mit Abwehrmassregeln, deren wir selber, wenn wir die Geschädigten .sind, uns nicht einmal bewusst werden, ausser dass wir fühlen, dass wir krank sind. Alle diese Vor­gänge zusammen, die Schädigung und die Abwehr, bilden den Begriff der Krankheit. R. Koch hatte also eine Anzahl solcher Schädlinge züchten gelehrt und mit seinen Reinkulturen gezeigt, dass einer jeden Krankheit ein eigener, specifischer Mikro-Organismus ent­spricht.

Mit dieser Erkenntnis hatte die wissenschaftliche Medizin einen ganz erstaunlichen Fortschritt gemacht. Trotzdem kamen die Nörgler und sagten: Da habt Ihr nun die Bazillen entdeckt, erfunden, sagte man gewöhnlich _, aber Krankheiten könnt Ihr damit doch nicht heilen!

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