Heft 
(1902) 10
Seite
413
Einzelbild herunterladen

August Foerster-, Der Liepnitz-Werder bei Bernau.

413

Der Liepnitz-Werder bei Bernau.

Von

August Foerster.

(Wanderfahrt des Märkischen Museums am 21. Oktober 1900.)

Nicht allzuviele Bewohner der Reichshauptstadt haben eine genügende Vorstellung davon, welche reizvollen Bilder märkischer Landschaft sie in nächster Nähe besitzen. Sie kennen die Oberspree und die Havelseen, wenn es hoch kommt, Buckow und die Märkische Schweiz, aber von dem Seenkranz 2530 km im Norden von Berlin, von den herrlichen, diese stillen Seen mit dem krystallklaren Wasser umschliessenden Buchenwäldern wissen die wenigsten etwas aus eigener Anschauung. Hier bleibt dem Grosstädter noch viel zu entdecken übrig. Auch diese Zeit wird kommen auch diese Gegend wird ihre Invasion in grossem Stile haben, und dann wird mancher sich wundern, wie man in die Ferne schweifen und das nahe­liegende Schöne so lange übersehen konnte. Allerdings wird dann auch ein besonderer Reiz dieser Landschaften, ihre Stille und Einsamkeit, ihre jung­fräuliche Unberührtheit vor der lärmenden und ihre Wässer trübenden Industrie schwinden. Bis es dahin kommt, sollte, wer Sinn für den "Wald, im besonderen den prächtigen Laubwald, in schönster Vereinigung mit stillen, tiefen Seen, besitzt, sich den Genuss, der so leicht zu erreichen, nicht entgehen lassen und im Frühjahr oder Herbst man weiss nicht welcher Jahreszeit der Vorzug zu geben ist nach dem Seenkranz im Norden von Berlin pilgern.

Denn ohne zupilgern geht es zur Zeit noch nicht, wenigstens hält es schwer, auf den bis jetzt nur vorhandenen Waldwegen bis an die schönsten dieser Punkte hei anzukommen. Aber das Pilgern zu Fuss lohnt wahrlich in diesem märkischen Wald, der, selbst wo die Kiefer überwiegt, denGrunewald-Charakter, den frischen, grünenden Übergrund, nicht ver­leugnet, geschweige denn in den Teilen, wo sich Nadelhölzer mit Laubbäumen mischen und gar im reinen Laubwald, wie er sich in den Seen spiegelt.

So dachte auch eine Gesellschaft von II Herren, die an einem wunder­schönen Oktober-Sonntage, an dem die Sonne so strahlend wie im Mai am Himmel stand und sich kaum ein Lüftchen rührte, den Weg zum Liepnitz- Werder einschlugen. Bis nach Bernau, der alten Stadt mit der w'ohlerhaltenen, ehrwürdigen Befestigungsmauer, vor der die Hussiten umkehren mussten so grosses Verlangen auch sie nach dem damals hochberühmten Bier trugen, hatte man die Eisenbahn benutzt, von da sich ein Stück in den nördlich gelegenen Bernauer Stadtforst hineinfahren lassen und dann zu Fuss den Weg nach dem Liepnitz-See eingeschlagen. Das Ziel der Wanderung war der vorgenannte Werder. Von allen Seiten durch den See umschlossen der an keiner Stelle schmäler ist, als die Spree in Berlin, bereitet dieser

27 *

A'wsg;« --MWm.ßiüh *-*wpy-