Heft 
(1911) 19
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19. (14. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

aus; das Ganze groß und ernst von den Proplietengestalten getragen, die über den Pfeilern sich erheben. Im weiten Umkreis umgibt sie in den Fenstern der Längsseiten der Chor der Apostel, während über dem allen am Triumphbogen Christus der Herr seine Hände ausbreitet (nach Dürer dargestellt). Dazu hat in der neuen von Sauer-Frankfurt a 0. gebauten Orgel, an deren Prospekt die alten schönen Ornamente wieder verwendet sind, die Kirche ein Meisterwerk der Orgelbaukunst erhalten, das in besonderer Weise der Gemeinde zur Erbauung dient und der Musica sacra eine Stätte bereitet.

Es ist erfreulich, daß bei alledem der schlichte Grundcharakter der alten Dorotheenkirche gewahrt worden ist und daß bei dieser Gelegenheit auch die alten Denkmäler und Epitaphien pietätvoll wieder hergestellt wurden. So ist es möglich geworden den Erinnerungen an die hervor­ragenden Männer wieder nachzugehen, die ehemals in den Grabgewölben unter der Kirche ihre Ruhestatt gefunden. Die Kirchenbücher sagen nur wenig von ihnen; aber es gilt auch hier: wenn diese schweigen, sollen die Steine reden!

Nach diesem Vortrag, nachdem die Versammelten noch die besonders schöne Abendmahlskapelle in Augenschein genommen, begann unter Führung des Pfarrers Vogel die Besichtigung der Denkmäler.

Es wurde an der Nordseite mit dem ältesten begonnen, dem Sand­steinmonument des dort 1692 beigesetzten Kurfürstlichen Hofbaumeisters und Bürgermeisters auf dem Friedrichswerder Michel Mathias Schmidt (in holländischer Schreibweise Smids).

Über dem Sockel, der die Inschrift enthält, erhebt sich ein Aufsatz mit dem Wappen in der Mitte und zwei trauernden Genien an den Seiten; darüber die Porträtbüste des hier zur Ruhe Gebetteten; mit seinen breiten derben Zügen ein echt niederländischer Charakterkopf.

Michael Mathias Smids war, wie die Inschrift besagt, zu Rotterdam am 8. Juli 1626 geboren. Er war eigentlich Schiffsbaumeister und als solcher bereits 1652 in den Dienst des Kurfürsten Friedrich Wilhelm be­rufen, 1653 aber zum Hofbaumeister bestellt. Er war der erste, der eine verständige und solide Bauart in der Mark einführte, auch durch Ver­besserung der Wind- und Wassermühlen sich verdient machte. In den Jahren 16801688 hatte er Anteil am Bau des Kurfürstlichen Schlosses; es stammt von ihm der große Saal im Quergebäude, worin dann das Schloßtheater war. Vorher hatte er den kurfürstlichen Marstall an der nach dem Wasser gelegenen Seite gebaut, ebenso den Marstall in Potsdam.

Auf Geheiß des Großen Kurfürsten fing Smids auch an in Berlin Schiffbau zu treiben und legte nördlich von der Dorotheen-Kirche neben dem Garten der damaligen französischen Loge einen Schiffsbauhof an. Auf kurfürstlichen Befehl sandte er seine Leute auch nach Königsberg i. Pr. zum Bau von Fregatten und Kriegsschiffen. Es geschah zu jener Zeit, wo