Heft 
(1911) 19
Seite
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6. (4. außerordentliche) Versammlung des XIX. Vereiusjahres.

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Der Weg zur Stadt führt zuerst die Bahnhof Straße entlang und dann über die Havelbrücke. Von der Brücke aus hat man den ersten schönen Blick auf den steilen Hang hinter dem Fluß und auf die breite Front des Domes, der den Gipfel ziert. In dem Hotel Kronprinz war alles schon zum Mittagessen vorbereitet. Während der Tafel begrüßte Herr Pastor Boit die Brandenburgs und feierte die Pflege der heimatlichen Kunst, die die Menschen einander näher bringt. Den zweiten Toast brachte der I. Schrift wart, Herr Professor Zache, auf die Stadt aus, wobei er darauf hin­wies, daß die Gesellschaft schon am 24. Juni 1897 zum ersten Male in der ehrwürdigen Stadt gastliche Aufnahme und künstlerische Anregung ge­funden habe. Endlich sprach Herr Kektor Monke Herrn Bahn und Herrn Dr. Hartwig den Dank der Gesellschaft aus für die Bemühungen der Vor­bereitungen zu dem heutigen Tage. Gegen den Schluß der Tafel verlas der I. Schriftwart einen Vortrag, den unser Ausschußmitglied, Herr Dr. Albrecht, au dem erwähnten Termin über die Geschichte des Domes gehalten hatte und der sich abgedruckt findet Jahrg. VI, S. 98. Wegen dieser Tatsache soll hier auf eine Wiedergabe des Textes verzichtet werden.

Darauf wurde der Aufstieg zum Dom angetreten. Der Weg führte wieder rückwärts zur Stadt hinaus und auf einem sanft ansteigenden Pfad in die Höhe. Im Innern des Domes übernahm Herr Küster Aue das Wort und erläuterte die zahlreichen Kunstwerke des Gotteshauses. Auch wegen dieser Dinge muß auf den angeführten Text verwiesen werden.

In dem Paradiessaal, der sich in einem der Seitengebäude, die zum Dom gehören, befindet, hielt Herr Dr. Hartwig einen Vortrag über die Straßen- und Flurnamen der Stadt und Umgebung. Bis zum Jahre 1876 bestanden neben der Stadt noch sieben Dorfgemeinden, die in diesem Jahre vereinigt wurden und hierbei Straßennamen erhielten, wie Weinberg­straße, Mittelstraße und Havelstraße. Von Flurnamen seien genannt der Vogels ang, ein Abhang, der dicht mit Schlehdorn bewachsen ist, ferner der Eierberg, ein Abhang, auf dem die Kinder am ersten Osterfeiertage Eier herabrollen ließen; der Südabhang oberhalb Havelbergs heißt der Wein­berg, und hier finden sich auch die Weinbergsschnecken, die von den Mönchen aus Süddeutschland mitgebracht worden waren; es gibt auch einen Heinotterberg', d. h. einen Storchberg. Eine Stelle heißt Neuberg, weil hier die Bewohner eines zerstörten Dorfes angesiedelt wurden, deren Ländereien noch an der alten Stelle liegen. Es gibt ferner einen Bischofs­berg und einen Sperlingsberg. Eine Stelle führt den Namen Werft­berg, weil hier zur Zeit des Großen Kurfürsten eine Schiffswerft bestand, die eine Zweiganstalt der Emdener war, und auf welcher auch Peter der Große nach seiner Rückkehr aus Holland gearbeitet haben soll. Inter­essant ist der Name Schmokenberg unterhalb der Stadt, er leitet sich her von einem Leineweber Schmok aus Nitzow, der trotz heftigen Wider­standes der städtischen Weber sich hier niederließ. In der Stadt führt

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